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Derzeit läuft durch Österreich im Wochenrhythmus das Ritual des Semesterabschlusses, die Zeugnisverteilung.

Während der einwöchigen Erholungsphase könnte gelassen der Frage der Schulkultur nachgegangen werden, von der ja - unabhängig von den einzelnen Gegenständen - abhängt, welcher Geist oder Ungeist an der Schule herrscht.

Ein Schlüsselaspekt einer humanen Schulkultur könnte - zugespitzt formuliert - lauten: Ruhe oder Stille?

Angesichts der Vitalität von Kindern, aber auch angesichts turbulenter Situationen wünschen sich viele in der Schule einfach Ruhe. Und diese Reaktion ist verständlich, erscheint aber als kurzschlüssig, da Ruhe als äußeres Phänomen Ergebnis einer Disziplinierung sein kann, während Stille mehr ist als die Unterdrückung von Lärm. Stille diszipliniert nicht, sondern ist als Eigentätigkeit und Innehalten ein Weg innerer Erfahrungen.

Wer "Ruhe schafft", schafft deshalb noch nicht "Stille", Stille entzieht sich der einfachen Machbarkeit. Zu Stille kann man anregen, sie fördern, man kann üben still zu werden, ganz unangestrengt, aber intensiv. Von Maria Montessori stammt nicht nur der Begriff Stille-Übungen, sondern auch viele Beispiele dafür, die in den letzten Jahren auch in Österreich "Schule machen". In der Stille erleben Kinder und Erwachsene ihre innere Welt und können sie durchwandern. Stille ist ein Beitrag zur "Kultur des Lebens und Lernens", zu der jedenfalls laut Lehrplan die Volksschule in Österreich verpflichtet ist und bei der andere, "höhere" Schultypen in die Schule gehen könnten.

Schulen, die der Stille Raum gegeben haben, konnten erfahren, wie diese Stille zum Kristallisationskern der Veränderung von Schule geworden ist, wie der Unterricht und die Idee von Schule sich verändert haben. Es fragt sich nur, warum Schulen in der Förderung der Stille sich noch immer still verhalten.

Martin Jäggle ist Professor an der Religions-pädagogischen Akademie Wien und Autor von Religionsbüchern. Zusätzlich engagiert er sich in der entwicklungspolitischen Bildungsarbeit.

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