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Die Basis für ein Weltethos

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Die Sozialethik des großen österreichischen Priestergelehrten Johannes Messner findet in Japan großes Interesse.

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Die Sozialethik des großen österreichischen Priestergelehrten Johannes Messner findet in Japan großes Interesse.

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In Japan ist eine wachsende Re-zeption des Naturrechtsdenkens des österreichischen Sozialethi-kers Johannes Messner zu beobachten. Dies bestätigte ein Symposium der Johannes Messner-Gesellschaft, das Ende September 1995 erstmals in Japan stattgefunden hat.

Diese Gesellschaft hat seit Jahren eine selbständige japanische Sektion. Ihre Mitglieder haben schon bisher in den Symposien und Sammelwerken und durch eigene Publikationen an die Ethik dieses bedeutenden Priestergelehrten (1891 -1984) angeknüpft. Eben ist sein 1300-seitiges Hauptwerk „Das Naturrecht” bereits in zweiter Auflage auf Japanisch erschienen. Eine Ubersetzung in koreanischer Sprache wird vorbereitet.

Dieses (dritte) Symposium wurde an der (katholischen) Nanzan-Uni-versity in Nagoya veranstaltet und vereinigte zum Thema „Das Gemeinwohl in unserer sich wandelnden Welt” Sozialwissenschaftler aus Japan, aus den Philippinen, aus Korea und Nigeria, aus den USA sowie aus Deutschland und Österreich. ,

Messners Lebenswerk - in Wien und Birmingham (England) entwickelt -• gipfelt in einem auf der Erfahrung mit der menschlichen Natur begründeten Ordnungssystem, das alle Bereiche der Gesellschaft umfaßt und das aufgrund seiner Problemlösungskapazität nicht nur auch für

Nicht-Christen, sondern auch außerhalb der westlichen Denktradition den Bedürfnissen nach einer humanitär begründbaren Ordnung entgegenkommt.

In den Eröffnungsreferaten wurde auf das heute offenbar mehr denn je zuvor gültige Ordnungsdenken dieses in mehreren Disziplinen der modernen Sozialwissenschaften ausgewiesenen Sozialphilosophen Bezug genommen, der auch dem im katholischen Sozialdenken zwar häufig benützten, aber selten konkretisierten Begriff des Gemeinwohles 1962 eine eingehende Studie gewidmet hat. Wolfgang Schmitz, ehemaliger Finanzminister und Obmann des österreichischen Zweiges der Gesellschaft, zeigte Johannes Messner als einen der ersten, der die sozialethische Funktion von Institutionen erkannt hatte, die zur Erreichung aller jener sozialen Zielsetzungen unentbehrlich sind, die durch keinen noch so hochstehenden individuellen Tugendstandard erreicht werden können, wie zum Beispiel der Wettbewerbsmarkt oder die Geldordnung auf der Basis einer stabilen Währung. Das Ziel aller Institutionen (und damit auch des Gemeinwohls) ist ein Rahmen, der es jedem einzelnen Menschen erleichtern - wenn nicht überhaupt erst möglich machen - soll, seine „existentiellen Lebenszwecke” zu erreichen.

Akira Mizunami, Rechtsphilosoph an der katholischen Universität Fukuoka und Präsident der Japanischen Sektion, widmete seinen Beitrag der „On-tologischen Begründung des Gemeinwohls - nach Johannes Messner”. Er ging von der Trennung von Individu-al- und Sozialethik aus. Dem Gemeinwohl, das nicht nur vom Staat, sondern auch von allen natürlichen Gruppen geschaffen wird, entspricht eine Ordnung, die den fundamentalen Rechten jeder Person dient. Es gibt keine freie Gesellschaft, die nicht auf der mensohlich-sozialen Natur basiert. Mizunami warnte vor einer in Japan weit verbreiteten überzogenen Rationalität, die es notwendig mache, den Blick, auf das Gedankengut von Naturrechtsethikern wie Johannes Messner zu richten, dem es gleichzeitig um das „Naturrichtige” und das „Vernunftrichtige” ging. So kann aus der Natur des Menschen die Basis für eine menschliche Gesellschaft abgeleitet werden.

Als Nationalökonom betonte Take-toshi Nojiri (Universität Kobe), daß die große Bedeutung Messners für Japan auch darin liegt, daß er das Gemeinwohl auf die Weltordnung überträgt und somit auch für das „Land der aufgehenden Sonne” rezipierbar macht. Für Hiroshi Takahashi (Nagoya) ist das Verständnis Johannes Messners als Umweltethiker wichtig, der in den naturgegebenen Ressourcen eine Grenze für den Fortschritt sieht. Ryosuke Inagaki (Nagasaki Junshin Catholic University) schlägt ein neues Welt- und Menschheitsethos vor, das Thomas von Aquins „ordo universi” und Johannes Messner „weiterdenkt”.

Johannes Kazutoshi Sugano (Universität Kobe), der im Vorjahr verstorbene Initiator dieses Symposiums, hatte schon im zweiten Symposium aufgezeigt, daß es „im neuzeitlichen Naturverständnis zwischen Europa und Japan” keinen großen Unterschied gibt. Hideshi Yamada (Nagoya), dessen Vorlesung im Studienjahr 1994/95 am Wiener Institut für Sozialethik und Sozialwissenschaften als erster Beitrag zu einer neuen wissenschaftlichen Beihe der Messner-Gesellschaft in Kürze erscheinen wird, betonte die Bedeutung des Menschenbildes und der Erfahrungswirklichkeit Messners für den japanischen Raum. Er ist als Shintoist ein Beweis für die Rezeptionsfähigkeit Johannes Messners auch außerhalb des christlichen Raumes. Auch der katholische Bischof von Nagoya, Augustinus Jun-Ichi Nomura, hat betont, daß gerade die Begründung und Systematik des Naturrechts durch Messner dem japanischen Denken und der japanischen Gesellschaft gemäß seien.

Rudolf Weiler, Nachfolger Messners auf der Lehrkanzel für Ethik und Sozialwissenschaften der Universität Wien und Präsident des österreichischen Zweiges der Johannes Messner-Gesellschaft, überreichte Akira Mizunami in Anerkennung seiner Verdienste um die Rezeption Messners im fernen Osten die „Johannes Messner-Medaille”.

Der Autor ist

Assistent am Institut für Ethik und Sozialwissenschaften der Katholisch-Theologischen Fakultät Wien.

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