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Für ein Klima der Anständigkeit

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Das steirische Katholikenfest unter dem verpflichtenden Motto „Brüderlichkeit“ und die in erfreulicher zeitlicher Koinzidenz abgehaltenen Feiern der Evangelischen Kirche unseres Landes zum „Toleranzjahr“ geben dem Landeshauptmann Gelegenheit, mit Dankbarkeit und Respekt das Wirken der Christen unserer Heimat herauszustreichen. Sie haben das geistige und kulturelle Antlitz unseres Landes seit Jahrhunderten in entscheidender Weise mitgeprägt. Die Religiosität der Menschen unseres Landes, denen wir so un-

gemein viel Gutes verdanken, hat unser Lebfen erhöht und mit Sinn erfüllt.

Der Katholikentag und die Toleranzfeiern finden in einer Zeit statt, in der allenthalben die Grenzen eines eindimensional-materialistischen Fortschrittkonzepts oder - wie es Bischof Johann Weber treffend ausdrückte - „des verlockenden Evangeliums des Immer-Mehr-Habens“ sichtbar werden und immer mehr Menschen die Sinnfragen des Lebens stellen.

Darin liegt eine besondere Herausforderung für das Christentum, die es im ökumenischen Geist aufzugreifen gilt uni für die diese Feste des Jahres 1981 Zeichen der Hoffnung sind und kraftvolle Impulse geben.

Brüderlichkeit und Toleranz müssen zwei Schlüsselbegriffe in unserem gemeinsamen Ringen um eine Gesellschaft mit menschlicherem Antlitz sein 7 zumal in einer Situation, in der es weltweit, aber auch in der geistigen

Auseinandersetzung und im persönlichen Verhalten, Intoleranz und Vorurteil abzubauen gilt und abnehmende Mitmenschlichkeit als eine der großen Mangelkrankheiten der modernen Industriegesellschaften bezeichnet wird.

Brüderlichkeit ist für uns vor allem die Verpflichtung zu gemeinsamer Anstrengung, damit die großen und schwierigen Zukunftsaufgaben bewältigt werden. Sie ist die Verantwortung für die Gemeinschaft, sich insbesondere der benachteiligten Gruppen anzuneh

men, und sie ist die persönliche Verpflichtung jedes einzelnen, mehr menschliche Hin- und Zuwendung zu üben.

Toleranz ist nicht mit Gleichgültigkeit, Beziehungslosigkeit oder Permis- sivität zu verwechseln, sondern für uns Aufruf zu mehr Offenheit, Aufgeschlossenheit und „Geltenlassen“ von neuen und oft auch unbequemen Ideen und Menschen.

Als politische Verantwortungsträger sehen wir es als unsere besondere Aufgabe an, in den achtziger Jahren sowohl die gefährdeten materiellen Lebensgrundlagen zu sichern als auch für einen umfassenden menschlichen Fortschritt einzutreten. Denn zwischen beiden besteht ein untrennbarer Zusammenhang: Überbetonter Materialismus gefährdet nicht nur unsere natürlichen Ressourcen und unseren wirtschaftlichen Wohlstand, sondern beeinträchtigt auch die zwischenmenschlichen Beziehungen.

Um diese Ausgewogenheit einer wirtschaftlichen und umfassenden menschlichen Entwicklung bemühen wir uns im Rahmen unserer steirischen

Landespolitik im besonderen Maße. In dem nunmehr zu Ende gehenden ersten Jahr seit meiner einstimmigen Wahl zum Landeshauptmann durch den Landtag haben sich uns in dieser Hinsicht ernste Aufgaben gestellt:

In den Fragen der politischen Ethik, wo wir im Gegensatz zu anderswo für ein Klima der Anständigkeit und der sauberen Ordnung gesorgt haben.

In den schwierigen wirtschaftlichen Problemen unseres Landes, wo wir eine eindeutige steirische Haltung zur Verantwortung des Bundes, insbesondere, gegenüber der VEW (Vereinigte Edelstahlwerke) und dem Grenzland, einnehmen. Diese zeigt erste Erfolge.

In unserer aktiven steirischen Arbeitsplatzpolitik mit neuen klaren Initiativen, bei denen um jeden Arbeitsplatz gekämpft wird.

Darüber hinaus bemühen wir uns um eine konzeptive Zukunftsgestaltung. So konnte ich bereits im vergangenen Herbst unser landespolitisches Langzeitprogramm Modell Steiermark für die achtziger Jahre präsentieren, das unter Mitarbeit hervorragender Wis-

senschaftler, Fachleute und vor allem vieler junger und unkonventioneller Denker, die wir bewußt als Ideengeber zur Mitgestaltung einladen, erarbeitet wurde.

Seine konkreten Vorschläge werden Schritt für Schritt in unserer landespolitischen Arbeit verwirklicht.

Aurelio Peccei, der Präsident des

Club of Rome, schreibt in seinem neuesten Buch „Die Zukunft, in unserer Hand“: „Nach einer Phase materialistischen Überschwangs und einer Phase fatalistischer Verwirrung scheinen sich die Leute dessen bewußt zu werden, daß es auf die Förderung des Menschen - eines jeden Volkes wie eines jeden Individuums - ankommt. Dies ist ein Aus

gangspunkt, der die Chance einer positiven Entwicklung eröffnet.“

In dieser Gesinnung und im Geiste echter Zusammenarbeit aller positiven Kräfte, zu der ich mich ausdrücklich bekenne, werden wir in steirischer Gemeinsamkeit mit realistischem Optimismus an einer guten steirischen Zukunft arbeiten.

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