7021973-1988_48_11.jpg
Digital In Arbeit

Keine Lösung in Köln

Werbung
Werbung
Werbung

An dem von Preußen im vergangenen Jahrhundert verordneten Büß- und Bettag (16. November) kam es in Bonn zu einem ersten und ernsthaften Gespräch zwischen den beiden Ministerpräsidenten Johannes Rau (Nordrhein-Westfalen) und Bernhard Vogel (Rheinland-Pfalz) sowie dem Nuntius Josip Uhac. Die beiden Regierungschefs machten dem Vertreter des Papstes in der Bundesrepublik, der wegen seiner (Nicht-)Aktivi-täten im Falle der Neubesetzung des Kölner Erzbischofsstuhls kritisiert wird, deutlich, daß in diesem Verfahren das 1929 abgeschlossene Konkordat zwischen dem damaligen Staat Preußen und dem Heiligen Stuhl einzuhalten ist.

In Rom vertritt man hingegen den Standpunkt, das Wahlrecht des sechzehnköpfigen Kölner Domkapitels sei erschöpft, nachdem keiner der drei vom Papst vorgeschlagenen Kandidaten die Mehrheit erhalten habe. Laut Kirchenrecht stehe nun dem Papst das Recht zu, frei zu ernennen.

Dieser Argumentation halten die beiden Landesregierungen (Nachfolger Preußens) entgegen, für sie gelte nicht Partikularrecht (Kirchenrecht), sondern das völkerrechtlich verbindliche Konkordat. Im Artikel 6 heißt es dort: „Der Heilige Stuhl wird zum Erzbischof oder Bischof niemand bestellen, von dem nicht das Kapitel nach der Wahl durch Anfrage bei der preußischen Staatsregierung festgestellt hat, daß Bedenken politischer Art gegen ihn nicht bestehen.“

Betont wird dabei die Formulierung „nach der Wahl“, einen anderen Modus kennt das Konkordat nicht. Derzeit wird in Düsseldorf und Mainz darauf gesetzt, daß mit Hilfe der „Freundschaftsklausel“ des Konkordats eine Gefährdung des gesamten Vertrages vermieden wird. Sie besagt: „Die Vertragsschließenden werden eine in Zukunft zwischen ihnen entstehende Meinungsverschiedenheit über die Auslegung einer Bestimmung dieses Vertrages auf freundschaftliche Weise beseitigen.“ Das ist nun offenbar zwischen Rau, Vogel und dem Nuntius noch nicht erreicht worden. Mindestens ein weiteres Gespräch soll folgen.

„Es kann noch lange dauern, bis Köln einen neuen Erzbischof bekommt“, betonte Johannes Rau. Die beiden zuständigen Regierungschefs sind fest entschlossen, einem Kandidaten nur dann zuzustimmen, wenn dieser vom Domkapitel gewählt und der Name ordnungsgemäß mitgeteilt worden ist. Ernennt der Papst ohne dieses konkordatäre Verfahren einen Erzbischof, so wollen die Landesregierungen offenkundig dem nicht zustimmen und dadurch die „Inbesitznahme“ des

Erzbistums blockieren. Im Normalfall wird diese „Inbesitznahme“ frei, wenn keine „politischen Bedenken“ geäußert wurden und der Kandidat den Eid auf die Landesverfassungen geleistet hat.

Rau und Vogel haben auch mit Konsequenzen gedroht. Im Falle eines Konkordatsbruches seitens des Heiligen Stuhls stehe in beiden Ländern die Frage des Verhältnisses von Staat und Kirche zur Diskussion. Insbesondere zahlreiche finanzielle Vorteile der Kirche (zum Beispiel Schulsubventionen) können in Frage gestellt werden,

Die gegenwärtige staatskir-chenrechtlich verfahren erscheinende Situation hat mehrere Ursachen: Die nicht gerade glückliche Hand des Bonner Nuntius; das fehlende Gespür für völkerrechtliche Vereinbarungen und historische Traditionen bei der zuständigen Bischofskongregation, die von einem Afrikaner geleitet wird; der unbedingte Wunsch des Papstes, den Berliner Bischof Joachim Kardinal Meisner, in Köln zu ernennen, den aber Bundeskanzler Helmut Kohl aus politischen Gründen in Berlin lassen möchte. Wie die Dinge liegen, wird es vor Weihnachten kaum zu einer Ernennung kommen.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung