Um mit Joseph Schumpeter, dem bekannten Nationalökonomen und österreichischen Finanzminister der Ersten Republik, zu sprechen: Wie soll man von einem Hund verlangen, sich für schlechtere Zeiten eine Wurstsammlung anzulegen, wenn sich nirgendwo in Demokratien ein Minister findet, dem es gelingt, in günstigen Konjunktursituationen Reserven für allfällige wirtschaftliche Rezessionen zu bilden?
Nie zuvor in diesen 24 Jahren der Zweiten Republik geschahen der SPÖ seitens der öffentlichen Meinung größere Gunstbezeugungen als. gerade jetzt, rund sechs Monap vor dem Tag, an dem. es wieder im Ermessen der Stimmbürger liegen wird, zu entscheiden, welche Richtung Österreichs politische Zukunft einschlagen soll. Glück für die SPÖ?— Es fällt schwer, dies zu konstatieren, angesichts der Großen-Koali- tions-Fürsprache zweier gewichtiger sozialistischer Funktionäre. Die beiden, ÖGB-Präsident Benya und Zentralsekretär Probst, meinten jüngst und unabhängig voneinander, eine
Schon lange bevor etwa das bundesdeutsche Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ die sozialpolitische Formel „Wohlstand für alle“ am Beispiel der Einkommens- und Vermögensverteilung in der bundesrepublikanischen Gesellschaft auf ihre Realität hin prüfte, widmeten Wirtschaftstheoretiker ihr besonderes Interesse diesem Problem. Es begann mit Karl Marx, der, wie die Wirklichkeit beweist, zum falschen Schluß gelangte, daß in einem kapitalistisch organisierten Wirtschaftssystem alles Kapital unbedingt in den Besitz der Expropriateure fließen muß. Heute, und der Ordinarius für Nationalökonomie an der Universität Wien, Erich Streissler, nennt dies einen „Treppenwitz der wirtschaftswissenschaftlichen Dogmengeschichte“, werden Marxsche Gedanken gelegentlich im Unternehmerinteresse vorgetragen, weil der Anteil der Lohn- und Gehaltsquote am Volkseinkommen auf Kosten der unternehmerischen Investitionsquote rapid ansteigt. Deshalb, freilich, den Blick von der Notwendigkeit einer sozial gerechten Einkommensund Vermögensverteilungspolitik abzuwenden* hieße, das Prinzip einer optimalen sozialen Gerechtigkeit leere Phrase sein lassen. Denn: während zwischen 1954 und 1968 die Zahl der österreichischen Arbeitnehmer von 1,97 auf 2,36 Millionen stieg — also um 20 Prozent — wuchs in der gleichen Zeitspanne der Anteil der Löhne und Gehälter am Volkseinkommen von 59,1 auf 68,8 Prozent — kaum um 16 Prozent.