Der Gesundheitszustand des jugoslawischen Staatsund Parteichefs Josip Broz Tito hat erneut die Spekulationen über die Zukunft Jugoslawiens nach dessen Abgang angeheizt und die Frage nach einer möglichen Sowjet-Intervention neu aufgeworfen. Gerne übersehen wird bei dieser Diskussion, daß es im Balkanland wenig beachtete, „hausgemachte" Krisen gibt, die den Bestand des Vielvölkerstaates auch ohne Eingriff von außen gefährden. Mit diesen hausgemachten Krisen, insbesondere mit den wirtschaftlichen Schwierigkeiten beschäftigen sich die hier abgedruckten Beiträge.
Unter den Mitgliedern des Warschauer Paktes bildet Ungarn eine auffallende Ausnahme. Es leidet zwar auch unter den typischen Schwächen der sogenannten Staatshandelsländer - aber trotz „sozialistischer“ Planwirtschaft in einem geringeren Ausmaß als die anderen. Tatsache ist: Im Gegensatz zu den Verhältnissen in so manchen anderen Ländern äußern die Ungarn auch in politischen Dingen ihre Meinung offen und laut auf der Straße. Freilich tun sie es nur dann, wenn sie Lust dazu haben. Und zur Zeit ist es so. Die jüngsten Preiserhöhungen erregen viel Unzufriedenheit. Kein Wunder, da Fleisch um 30, Brot um 20, Strom um 50, Schuhe um 40 und Personenwagen um 20 Prozent teurer geworden sind.