In der russischen Revolution wird eine Rotarmistin mit einem gefangenen weißrussischen Leutnant auf eine völlig menschenleere Insel verschlagen. Das ist der vielversprechende Absprung für das im Theater am Belvedere aufgeführte Zweipersonenstück „Die Ballade von Marjutka und dem Leutnant“, das der slowenische Thea- tertheoretiker und Dramatiker Bratko Kreft nach einer Erzählung von Boris A. Lawrenjew geschrieben hat, ein in den Oststaaten vielgespieltes, in der Bundesrepublik mehrfach aufgeführtes Stück.Diese Absprungssituation schärfsten Gegensatzes, äußerster Spannung führt
Wir leben im Zeitalter des Regisseurtheaters. Die Stücke sind für so manche heutige Spielleiter nichts anderes als Material, mit dem sie nach ihrem Gutdünken verfahren. Schon Arthur Kahane, der Dramaturg bei Max Reinhardt, erklärte: „Das Drama liefert den Vorwand, den Rohstoff sozusagen, die Gelegenheit, an der sich das Theater auswirken kann.“ Und heute stellt Hans Hollmann als Norm auf: „Alle Macht der Regie.“ Zu welchen Ungeheuerlichkeiten das führen kann, zeigt sich derzeit im Burgtheater. Da war vorgesehen, daß Walter Felsenstein den ersten Teil des „Faust“ inszenieren sollte. Er starb, so betraute die Direktion den bei uns besonders geschätzten tschechischen Regisseur Otomar Krejca mit der Inszenierung. Diese Wertschätzung zeigte sich, als er vor acht Jahren für eine Regiearbeit am Akademietheater von der Gemeinde Wien die Kainz-Medaille verliehen erhielt. Krejca aber begnügte sich nicht damit, Goethes Werk, wie es ist, darzubieten, er schuf eine eigene „Einrichtung für das Burgtheater“, bei der er mit einer Anmaßung sondergleichen fast Szene für Szene tiefgreifende Veränderungen vornahm.
Im Haupthaus des Theaters in der Josefstadt gab es in den ersten vier Monaten der laufenden Spielzeit fünf Premieren, in dem des Volkstheaters sogar sieben, im Haupthaus des Burgtheaters fand lediglich eine Premiere statt. Nimmt man bei jedem dieser Theater je eine Nebenbühne hinzu, so brachte die Josef-Stadt acht Premieren (eine weitere in den Kammerspielen), das Volkstheater zehn, das Burgtheater aber lediglich vier Premieren heraus. Die größte österreichische Bühne mit einem fSnsemble von 103 Schauspielern und 65 externen Darstellern wirkte unter der Direktion Gerhard Klingenberg reichlich verschlafen.