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Unfestliches Fest

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Im Haupthaus des Theaters in der Josefstadt gab es in den ersten vier Monaten der laufenden Spielzeit fünf Premieren, in dem des Volkstheaters sogar sieben, im Haupthaus des Burgtheaters fand lediglich eine Premiere statt. Nimmt man bei jedem dieser Theater je eine Nebenbühne hinzu, so brachte die Josef-Stadt acht Premieren (eine weitere in den Kammerspielen), das Volkstheater zehn, das Burgtheater aber lediglich vier Premieren heraus. Die größte österreichische Bühne mit einem fSnsemble von 103 Schauspielern und 65 externen Darstellern wirkte unter der Direktion Gerhard Klingenberg reichlich verschlafen.

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Im Haupthaus des Theaters in der Josefstadt gab es in den ersten vier Monaten der laufenden Spielzeit fünf Premieren, in dem des Volkstheaters sogar sieben, im Haupthaus des Burgtheaters fand lediglich eine Premiere statt. Nimmt man bei jedem dieser Theater je eine Nebenbühne hinzu, so brachte die Josef-Stadt acht Premieren (eine weitere in den Kammerspielen), das Volkstheater zehn, das Burgtheater aber lediglich vier Premieren heraus. Die größte österreichische Bühne mit einem fSnsemble von 103 Schauspielern und 65 externen Darstellern wirkte unter der Direktion Gerhard Klingenberg reichlich verschlafen.

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Wie sieht nun das Spielplanvorhaben des Burgtheaters nach der Jahreswende mit Beginn der Jubiläumssaison aus Anlaß der 200-Jahr-Feier seines Bestehens aus? Die Premieren unterscheiden sich grundsätzlich in nichts von denen in anderen Jahren. Daß Bühnenwerke von Aischylos, Goethe, Kleist, Grillparzer, Tschechow, Nestroy gespielt werden, versteht sich für das Burgtheater von selbst. Die Stückwahl ergibt keine besondere Profilierung. Zwei Premieren kennzeichnen allerdings die für diese Bühne typische Haltung: Im Akademietheater ist die Wiedergabe von Beckets „Endspiel“ vorgesehen, das Herbert Wochinz vor 18 Jahren in der von ihm damals geleiteten Kleinbühne auf den Spielplan setzte, ein Stück, das seinem dichterischen Rang nach zu den bedeutendsten unseres Jahrhunderts zählt. Jetzt aber, nach fast zwei Jahrzehnten, hat das Staatstheater den Mut dazu.

„Die Trauung“ des Polen Witold Gombrowicz ist ein schwieriges, aber vielschichtig fesselndes Werk. Weshalb wird es erst jetzt im Haupthaus zu sehen sein? Aufgabe des Burgtheaters wäre es, schwierige Bühnenwerke früher als andere Theater herauszubringen, nicht hin-tennachzutappen. Ist es vermessen, von dieser Bühne zu verlangen, schon bei der Stückwahl führend zu sein, Spürsinn für das Kommende zu beweisen? Die ersten Stücke der lebenden österreichischen Dramatiker, die mit Erfolg zahlreiche deutschsprachige Bühnen aufführen, sind keineswegs am Burgtheater erstmals gespielt worden. Auch für die von Wolfgang Bauer haben sich andere Bühnen eingesetzt, nun, nach Jahren, wird man im Akademietheater ein. neues Stück von ihm darbieten.

Es gibt also keine besondere Aufführung aus Anlaß des 200jährigen Bestehens, nicht einmal eine Fest-premiere, die als selbstverständlich zu fordern wäre. Völliger Verzicht also auf eine besondere Anstrengung.Am 8. April 1776 fand im Haus am Michaelerplatz, dem nunmehrigen „Teutschen National-Theater“, die erste Vorstellung der „k. k. National-Hofschauspieler“ statt. Am kommenden 8. April wird ein Festakt stattfinden, für den man eine unkonventionelle Programmierung noch sucht. Das ist wenig. Ohne Festaufführungen wirkt das wenig attraktiv, vor allem für das Ausland. Man beschränkt sich darauf, die allerdings beachtliche Zahl von 41 Repertoirestücken im Verlauf des Jahres in Zyklen von etwa fünf bis acht Bühnenwerken innerhalb von ungefähr je zehn Tagen vorzuführen. Zyklus „Österreich I“ und Österreich II“ laufen bereits, ein Zyklus „Zeitgenössisches Theater“ beginnt Mitte Jänner.

Weitere Zyklen: Tragödien, Komödien, Deutsche Klassik, Antikes, Angelsächsisches, Romanisches Theater, Psychologisches Theater, Theater des Manierismus. Die Zuteilung ist vielfach willkürlich, da sich so manche Stücke thematisch in mehreren Zyklen unterbringen ließen. Was soll's? Ergeben sich bei dieser Willkür Wechselbeziehungen? Für wen? Werden Besucher diesen oder jenen Zyklus in seiner Gänze sehen wollen? Von einem Zyklus verlangen wir, daß er systematisch auf die Zusammengehörigkeit der Stücke von vornherein geplant ist, daß sich dadurch Vergleichsmöglichkeiten ergeben. Geplant war nur der Zyklus „Antikes Theater“, seinerzeit

Was wäre zu planen gewesen? Selbstverständlich eine Festwoche, beginnend am Samstag, dem 3. April, mit einem Zyklus österreichischer Bühnenwerke, der eigens hierfür seit etwa zwei oder drei Jahren vorzubereiten gewesen wäre. Allenfalls mit den besten Aufführungen aus den 41 Repertoirestücken, die von einem Kritikerkollegium im Verein mit der Ensemblevertretung hätten ausgewählt werden können. Unbedingt eine Premiere am Abend des 8. April. Vielleicht wäre da die Ur-aufführung des Werkes eines österreichischen Dramatikers möglich gewesen, was freilich eine intensive Fühlungnahme mit den Autoren voraussetzt.

Ein guter Gedanke, Ausstellungen mit dem Thema Burgtheater in verschiedenen Museen zu veranstalten, entstand erst im Zusammenwirken von Bundestheaterverband, Burgtheaterdirektion und Wissenschaftsministerium. Eine zentrale kulturhistorisch ausgerichtete Ausstellung ist für das'Theatermuseuim geplant. Das Historische Museum zeigt „Schauspieler am Burgtheater“, das Heeresgeschichtliche Museum das österreichische Heer auf der Bühne dieses Theaters von „Wallensteins Lager“ bis „3. November 1918“, die Musiksammlung der Nationalbibliothek führt vor allem Dokumente über die Uraufführung der Mozart-Opern „Entführung“, „Figaro“, „Cosl fan tutte“ im Burgtheater vor. In der Akademie der bildenden Künste wird das Schaffen des langjährigen Hausbühnenbildners Lois Egg dargeboten. Was das Fernsehen betrifft, ist vorgesehen, bestehende Aufzeichnungen über Burgtheateraufführungen, sowie noch zwei aufzunehmende, bis Ende des Jahres auszustrahlen.

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