Seit dem Verfassungsreferendum im vergangenen Herbst hat die Frage „in welchem Regime leben wir eigentlich“ nicht aufgehört, die französische Öffentlichkeit zu beschäftigen. Im Lager der geschlagenen Parteien dämpft zwar die resignierte Maxime „de Gaulle überleben“ den Widerspruchsgeist und die Diskussion merklich. Das Gefühl, die Verfassungsreform sei ein noch zu vollendender Torso, ist gleichwohl allgemein — und dies nicht zuletzt auch in gaullistischen Kreisen.Konzentration der MachtDie „direkte Demokratie“ hat dem Staatspräsidenten in Frankreich eine Machtballung
Als sich am Abend des zweiten Wahlganges in Bastia die Menge vor dem Domizil des Kandidaten Zucca-relli einfand, um dem frisch erkorenen Deputierten des Wahlkreises eine Ovation darzubringen, brach der Balkon des Gebäudes unter der Last der triumphierenden Wahlsieger krachend zusammen; eine bildhafte Warnung für all jene, die in diesen Legislativwahlen eine radikale Absage an die Traditionen der französischen Politik sehen und sich im Glauben wiegen, die gaullistische Reform könne der demokratischen Fundamente der Vierten Republik ungestraft entraten. Wer die Stabilität der Fünften
Zuerst müßte man eigentlich wissen wie man sie überhaupt nennen soll, die mehr als fünfhunderttausend Personen, die in den vergangenen Monaten etwas überstürzt aus Algerien in der französischen Metropole eingetroffen sind. Flüchtlinge? Die Regierung möchte sich das verbeten haben. Rückzügler? Dabei waren sie ja bekanntlich die letzten, die zum Rückzug geblasen haben. Repatriierte? Doch sie begreifen ja das französische Sechseck gar nicht als ihre Heimat. Für was halten sie sich denn? „Wir sind Franzosen aus Algerien; Ferienreisende, die abwarten wollen, wie sich die Dinge am
„Ich darf also sagen, daß ich in dieser Rede vom 1. Juni 1958 vor der Nationalversammlung ungefähr alle Katastrophen vorausgesehen hatte, die General de Gaulle über Frankreich hereinbrechen lassen sollte“, schloß Maitre Jacques Isorni und maß mich über den Rand seines Buches „Ainsi passent les Republiques“ („So vergehen die Republiken“) hinweg mit dem milden Triumph eines Mannes, der glaubt, recht behalten zu haben. Er hatte mir den entscheidenden Passus vorgelesen, in dem er die Gründe zusammenfaßte, die ihn als einzigen Abgeordneten der politischen Rechten veranlaßten,
Am 1. November des zu Ende gehenden Jahres war der algerische Bürgerkrieg genau sieben Jahre alt. Wenige Wochen später erreichte er jenes kritische Datum, das die Gegner des französischen Staatspräsidenten zum bitteren Hinweis berechtigte, er habe nun unter dem Regime de Gaulles ebenso lange gedauert wie unter dessen Vorgängern. Wenn man sich erinnert, daß gerade die Hoffnungen auf eine rasche Beendigung des Krieges den General durch einen erfolgreichen Militärputsch am 13. Mai 1958 an die Macht getragen haben, dann kann man Bitternis und Enttäuschung ahnen, welche in einer derartigen