#24 Hübscher Mann

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Durch haarige Angelegenheiten zur Aufsichtsrätin

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Durch haarige Angelegenheiten zur Aufsichtsrätin

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Ich wusste nicht, was ein paar Härchen ausmachen können. Über der Oberlippe. In einem Frauengesicht. Irritation. Fassungslosigkeit. Urteilsbildung: „Hübscher Mann!“

Es wurde wieder gepoltert, denn auch im Freundeskreis gibt es Heiratswillige. Anstatt ausgefallener „Team-Bride“-Shirts entschied sich die Gruppe für Schnurrbärte als Symbol der Zusammengehörigkeit. Immerhin versprach die Online-Produktbeschreibung „stundenlangen Spaß und viel Unterhaltung“. Nach einem Abend voller starrender Blicke und überforderter Mitmenschen schlage ich vor, diese durch „Warnung: sprengt gesetzte Geschlechternormen“ zu ergänzen

Hirsutismus – also männliche Körperbehaarung bei Frauen – reizt trotz Ikonen à la Conchita Wurst nach wie vor die Gemüter. Denn Frauengesichter haben glatt zu sein. Überhaupt sollten weibliche Körper bis auf Kopfhaar, Augenbrauen und Wimpern haarlos sein. Wer diesem Bild nicht entspricht, ist aufgefordert daran zu arbeiten – oder sich zumindest zu schämen.

Man könnte an die Sache natürlich auch anders herangehen und sie als das akzeptieren, was sie ist: eine Laune der Natur (ernstzunehmende Hormonstörungen ausgenommen) und jeder Frau – sowie jedem Mann – selbst überlassen, was sie damit (nicht) anstellen möchte.

Den Klebebart hebe ich mir zu Forschungszwecken auf. Wie viel Platz mir als „hübscher Mann“ wohl beim Sitzen in der U-Bahn zusteht? Oder beim Erklären von Dingen, über die ich gut Bescheid weiß? Oder gar beim Verteilen von Aufsichtsratsposten?

Digital Dirndl V2 - © Illustration: Rainer Messerklinger

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Aufgewachsen im Weinviertel, dann übersiedelt nach Wien, ist Margit Körbel mittendrin im Konflikt von gemütlicher Landidylle und rauschendem Stadtleben, Traditionen und deren Bruch, Millennials und Babyboomern. Wöchentlich schreibt Sie von Ihren Erlebnissen. Hier kostenlos abonnieren.

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