Zur Verschönerung des Stadtbildes ist im 20. Gemeindebezirk der Bundeshauptstadt nächst dem Engelshof ein Denkmal für Mendel gesetzt worden. Neugierig, wie man schon ist, scheut man keine Kosten, fährt mit der Straßenbahn in die Brigittenau und fragt beim Engelshof nach dem neuen Denkmal.
Der erste Passant: „Ah, Sie meinen den Engeil Da ist er ja, der Engelhof.“ (Friedrich Engels, mit Karl Marx Verfasser des Kommunistischen Manifestes als Engelf — Ohne s!)
Der zweite Passant, eine jüngere Frau mit Hutsack: „Ja, den kenn ich schon, aber der heißt Rendel, der hat einen Roman geschrieben.“ (Wie wird sich der Salzburger Schriftsteller Georg Rendl freuen!)
Der dritte Passant: „Meinen S' net den Mandl?“
Der vierte Passant (mit Fußball unter dem Arm): „Den kenn i net. Was woll'n S' denn von dem? Fragen S' bei der nächsten Stiegen.“
Der fünfte Passant (eine ältere Frau mit Markttasche) streckt beschwörend die Hände nach links und rechts aus, gewissermaßen die Wohnanlage umfassend: „Ja, freilich, weiß ich! Dort oben, gehen Sie an die Ecke, dort steht er — das war einer von uns!“
Nach diesen vielseitigen Auskünften kommt man an die Nordseite des Engelshofes und liest: „Johann Gregor Mendel. 1822 bis 1884. Dem Entdecker der Vererbungsgesetze bei Mensch, Tier und Pflanze.“
Die Pflanze ist zuletzt genannt, weil Mendel bei seinen Versuchen von der Pflanze ausging. Das ist eben die Dialektik, Neugieriger! Wer aber war denn dieser Mendel? Auf der Tafel wäre gewiß noch Platz, die Brigittenauer und die Eingeborenen der umliegenden Distrikte diskret aufzuklären. Man hat indes vor, rund um den Blumenständer Blumen zu setzen, um die Versuche Mendels zu veranschaulichen. Kann man den Leuten vom Grund zumuten, von sich aus zu wissen: „Augustinermönch, seit 1868 Prior des Augustinerklosters in Brünn“?
Nein. Das paßt nicht zum Engels (mit s).
