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Im Schauspielhaus Graz fliegen einem zum Saisonauftakt wilde Verse und flotte Sprüche um die Ohren, ein Hebbel-Remake ist zu sehen.

Friedrich Hebbels "Nibelungen" - kann man diese mit Shakespeare und der Antike liebäugelnde Trilogie aus Mythos und nationaler Geschichte überhaupt noch überzeugend auf die Bühne stemmen?

Mag der Dichter viele Jahre lang mit dem Stoff gerungen und ihn so überwältigend empfunden haben, dass er eine Dramen-Trilogie dafür benötigte, um zu zeigen, wie starke Frauen durch Betrug im Innersten zu treffen sind, wie Männer durch Hinterlist erledigt werden und wie Liebessucht in Hass und Hass in Tötungsgelüste kippt - heutigen Nacherzählern kann das einfach auch zu viel sein. Die häkeln dann, wie Cornelia Crombholz für das Grazer Schauspielhaus, aus den 5456 Versen eine unterhaltsame Light-Version. Da tritt Recke Siegfried (Jan Thümer) im Lederoutfit auf, ein sympathischer Kindskopf, der gekommen ist, um dem Burgunden-König Gunther sein Reich abzunehmen. Da ist leider nicht allzu viel zu tun, denn die braven Burgunden sind bloß eine Handvoll smarter Männer, die Augenmakeup tragen und die Financial Times lesen. Ansonsten lungern sie "very funny" herum, und wir sehen gleich eingangs: Helden sind ignorante Langeweiler und Recken kopflose Draufgänger. Hagen (Dominik Warta), ein sportiver Günstling, gibt die Stoßrichtung vor, König Gunther (Sebastian Reiß), ein muffiger Weichling in seinem trägen Saft, schleicht hinterher. Die Frauen kommen besser weg und müssen weniger komisch sein. Die blonde Brunhild (Sophie Hottinger) tobt als Eskimo-Vamp über die Bühne. Und Nesthäkchen Kriemhild (Martina Stilp) wartet, allmählich zum Racheengel ausgereift, im Untergrund den günstigsten Zeitpunkt ab, um zuzuschlagen. Nach knapp drei Stunden sind alle blutüberströmt und tot. Mehr Sinn in allem zu entdecken als die Sinnwidrigkeit ziellos agierender Kraftlackeln dürfte jenen schwer gefallen sein, die das ohnehin immer schon vermutet haben oder das Nibelungenlied nur von den schillernden Namen seiner Heldinnen und Helden kennen.

Dass Eifersüchte, politische Machtgelüste, der Streit zwischen Heiden und Christentum mitspielen, all dies darf sich nur kurz zeigen, denn weite Teile des Stücks wurden von Crombholz ziemlich kühn beseitigt zugunsten einer Comictheatralik. Erheiternd ist das ja gelegentlich, aber auch erstaunlich nichtssagend.

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