Werbung
Werbung
Werbung

Jörg Immendorff in der Sammlung Essl: Bilder sind alles.

Ich war weiß Gott, als ich anfing, nicht der supertalentierte Künstler. Bei mir haben die höheren Wesen, glaube ich, mehr mitgewirkt als bei anderen. Ich war kein doller Zeichner. Ich habe das mit etwas anderem wettmachen können." So bescheiden resümierte der bereits schwer kranke deutsche Malerfürst Jörg Immendorff seine erfolgreiche Karriere. Das Sammlerehepaar Essl, seit Jahren mit Immendorff befreundet, widmet ihm ein Jahr nach seinem Tod eine Gedächtnisausstellung, die einen guten Überblick über alle Schaffensperioden bietet.

Der Titel "Was uns die Malerei bedeuten kann" bringt Immendorffs Auffassung auf den Punkt. Denn seine Bilder zeigen klar: alles! Bereits der kleine Junge sichert sich mit Hilfe der Kunst sein "Überleben" gegenüber dem autoritären Großvater. Von diesem gezwungen, die verhassten Suppen auszulöffeln, tröstet er sich damit, dass er damit zu den Bildern am Tellerboden durchdringen kann. Kein Wunder, dass später im Zusammenhang mit seinen eigenen Bildern der "Suppengrund" auftaucht.

Immendorff, 1945 geboren, Schüler von Beuys, verband seine Malerei immer auch mit gesellschaftlichen Anliegen. Seinen stets im Gegenständlichen bleibenden Arbeiten haftet durchwegs ein Hang zum Naiven an, vieles macht einen leicht ungelenken Eindruck. Am Banalen schrammt Immendorff aber gekonnt vorbei, bewahrt sich durch seinen Stil eine Nähe zu dem, was man Alltag nennen könnte. Dahinter steht durchaus Kalkül. Denn ein Bild zu malen, verliert sich für Immendorff niemals in einem schöngeistigen Getue, sondern bedeutet: einen politischen Akt setzen.

Davon erzählen viele seiner Arbeiten; paradigmatisch die Werkgruppe "Café Deutschland", in der er sein vielleicht wichtigstes Thema, die Teilung Deutschlands - auch nach der Wende -, verarbeitete. Ausgehend von einem offensiv vertretenen Agitprop, der Zusammenführung von Agitation und Propaganda, durchstreifte er in der Folge immer wieder die Geschichte der Kunst nach seinen Fragestellungen. Diese fand er allen voran als Labyrinthe, als Babylonischer Turm und als Weltkugel in der Tradition vorgeprägt.

Hin- und herschwankend zwischen Geniekult und Getriebenheit konnten auch Drogenprobleme dem Maler die Lust an öffentlichen Auftritten nicht nehmen. Seit 1997 an einer heimtückischen Nervenkrankheit leidend, die nach und nach zu einer vollständigen Lähmung des vegetativen Nervensystems führte, problematisierte er auch seine Krankheit, berichtete von seinen Angstschüben und arbeitete mit Hilfe seiner Assistenten bis zum Schluss weiter. Den "Angstschweiß eines am Diesseits orientierten Bürgers" transformierte er in jene Bilder, auf die erst der Tellerboden des Lebens den Blick freigibt.

Jörg Immendorff

Was uns die Malerei bedeuten kann Sammlung Essl

An der Donau-Au 1

3400 Klosterneuburg

Bis 20.4. Di-So 10-18, Mi 10-21 Uhr

Katalog: 128 Seiten, € 23,-

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung