An der Wiege unserer Kultur

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In diesen Tagen wird in Kairo das Brot knapp. Das scheint uns Europäer nicht zu berühren. Schließlich ist Ägypten in Afrika. Seit wir Medien wahrnehmen, betrachten wir unseren Nachbarkontinent als ein dürres, hungriges Stück Land. Fernsehbilder machten Hunger zur afrikanischen Normalität. Ist es nicht komisch, dass ausgerechnet in Nordafrika eine "Wiege unserer Kultur“ sein soll?

Tatsächlich war das Nildelta die Kornkammer der Antike. In Mesopotamien und Ägypten fand die erste "industrialisierte“ Herstellung von Brot und Bier in der Geschichte statt. Das war das Fundament der Königsstädte und der ewig währenden Pharaonengräber. Julius Cäsar eroberte nicht nur Kleopatra, sondern den fruchtbarsten Landstrich seiner Zeit. Während der Frühphase des römischen Reichs belieferte Sizilien die ewige Stadt mit lebensnotwendigem Korn - bis Ägypten unterjocht wurde. Galeeren brachten riesige Mengen an Weizen nach Rom. Das Korn wurde in Lagerhäusern in Ostia gelagert, ehe man es in zentralen Herstellungsbetrieben zu Brot verarbeitete und letztlich gratis an die Bevölkerung verteilte. Kulturhistorisch werden "circenses“ in Form der Kolloseumsruine als Denkmal verehrt, doch ohne "panis“ wäre Rom in sozialem Unfrieden untergegangen.

Erinnerung daran, dass man Brot brechen kann

Erst die Unterbrechung der Lebensader Ostia-Rom ermöglichte den einfallenden Germanen die Eroberung der ewigen Stadt. Zuvor war Rom immer in der Lage gewesen, sich via Ostia zu ernähren und konnte allen Belagerern trotzen. Generationen später traf Byzanz der Verlust Ägyptens an das Kalifat von Damaskus im 9. Jahrhundert nach Christus wie ein Schlag. Weder die Stadt noch das oströmische Reich konnten sich jemals von diesem Verlust erholen. Die Stadt am Bosporus war dem langen Untergang preisgegeben.

Ägypten ist die Wiege des Brotes und damit unserer Kultur. Vielleicht sollten wir uns daran erinnern, dass man Brot brechen kann.

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