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Die Renovierung der Kartause Mauerbach als Beispiel neuartiger Lösungen in der Denkmalpflege.

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Die Renovierung der Kartause Mauerbach als Beispiel neuartiger Lösungen in der Denkmalpflege.

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Kreuz, Lilie, Herz, Vierpaß: Unter einem mathematisch ausgeklügelten Wirrwarr gespannter Schnüre, von Holzlättchen umrandet und sorgsam mit Erde ausgefüllt, hat sich in den vergangenen Wochen Beet an Beet gefügt. Jetzt ist die Rekonstruktion abgeschlossen, der „Kaisergarten“, jener „mystische Meditationgarten“, den die Kartäuser in Mauerbach Anfang des 17. Jahrhunderts für Kaiser Matthias angelegt hatten, hat seine frühbarocken Konturen wieder. An der Entschlüsselung der Pflanzensymbolik rätseln die Mitarbeiter des Bundesdenkmalamtes noch, spätestens im nächsten Jahr sollen aber Kräuter und Blumen ordnungsgemäß sprießen.

Das Projekt „Kaisergarten“ setzt einen neuen Akzent in den nunmehr zehnjährigen Renovierungsarbeiten an der Mauerbacher Kartause.

Erstmals wurden damit Freiflächen berücksichtigt, die die ursprüngliche Erscheinung der Klosteranlage als ganzer erschließen sollen.

Daß die Vollendung des bisherigen Stückwerks offen bleibt, liegt in der denkmalpflegerischen Ideologie des „Objektes Mauerbach“ begründet. 1984 vom Bundesdenkmalamt als Informations- und Dokumentationszentrum für historisches Handwerk eingerichtet, dient es in erster Linie der Demonstration, der Übung und Fortbildung sämtlicher Personen- und Fachkreise, die sich mit Altbauten beschäftigen. „Ziel ist nicht die instandgesetzte Kartause, nicht das, was produziert, sondern das, was an Information umgesetzt wird“, formuliert Karl Neubarth, Leiter des Projekts.

Tatsächlich hat sich Mauerbach in den letzten Jahren österreichweit als Diskussi- ons- und Forschungszentrum herauskristallisiert, in dem an der „inneren Haltung“ einer nicht auf Moden, sondern „substantielle Lösungen“ ausgerichteten Denkmalpflege gearbeitet wird.

Die Putzsanierung etwa, wie sie in Mauerbach zur Anwendung kommt, hat international Beachtung gefunden: Mit Mikromeiseln werden ähnlich der Freilegung von Fresken alte Schichten bis auf den Originalputz abgetragen, die Schadstellen mit Kalk ausgebessert.

In dieser Technik arbeitete heuer im Prälatenhof eine der Baupraktiker-Gruppen, die alljährlich im Sommer die Kartause bevölkern. Angehende Kunsthistoriker, Studenten der Technischen Universität und Schüler der HTL-Krems sollen hier Baustellenerfahrung sammeln, nicht zuletzt, so Neubarth, um vor einem falschen Selbstbild als dem „Gott in Weiß, der nm anschafft“ bewahrt zu werden. Übers Jahr verteilt laufen Seminare für einzelne Fachgruppen und praktische Kurse für Handwerker. Ihre traditionellen Techniken werden in den Zellentrakten der Mönche dokumentiert.

Über ihr Fernziel sind sich Neubarth und seine Mitarbeiterin Gabriela Kristen, Kunsthistorikerin und Restauratorin, einig: Eine „Werkstätte Baudenkmalpflege“, ergänzend zum noch nicht existierenden Zweig auf der Akademie. Die Aussichten, die die neue personelle Besetzung dort eröffnet, meint Neubarth, seien nicht einmal so schlecht.

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