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Da sitz' ich nun und schau verzweifelt auf einen riesigen Scherbenhaufen, der vor mir liegt. Die Scherben meiner Träume und Hoffnungen. 1946 aus dem Kriegsgefangenenlager zurück, haben wir alle, bis auf ein paar Unverbesserliche, schon damals Gestrige, gehofft, und wie unsere Väter gesagt, nie wieder Mord, nie wieder Diktatur, nie wieder Krieg. Leopold Figl rief sein berührendes: "Ich bitt' euch, glaubt an dieses Österreich" - und wir haben geglaubt. Bedingungslos, an Österreich und an eine bessere Welt.

Und jetzt: Österreich - ein rechter Extrempopulist feiert Siege und die Demokraten schauen ängstlich aus der Wäsche oder versuchen gar, sich ihm anzubiedern. Auch sie wollen halt ein bisserl rechts haben. Jämmerlich. Kurden werden getötet, weil sie einen eigenen Staat wollen, Kosovaren, die das nämliche anstreben, unterstützt, aber nur aus der Luft. Was, siehe Irak, mehr für die Haar ist und nur blutige Metzeleien auslöst.

Ein sozialdemokratischer Kanzler in Deutschland schickt zum ersten Mal nach 1945 deutsche Soldaten in einen Krieg, und das - so ohne Sensibilität muß man sein -, ausgerechnet auf den Balkan. In Moskau schließen Sjuganows Kummerln einen Pakt mit Schirinowskis Rechtsidioten, und Arafat muß auf seinen Staat ebenso warten wie Nordirland und das Baskenland auf eine großzügige Autonomie. Dort verhindern sie so was, im Kosovo versuchen sie es herbeizubomben und unter den Trümmern der Ideale, der Träume und der Vernunft fließen Bäche von Blut, stöhnen Gefolterte und erfrieren Kinder.

Nein, so, meine Herren Präsidenten, haben wir uns den Frieden 1945 nicht vorgestellt. Manchmal hat man den Eindruck, daß irre Psychopathen an den Schalthebeln sitzen. Von den Diktatoren in Bagdad und Belgrad hat es die Welt gewußt, daß es bei anderen auch so ist, davon kann man sich jetzt überzeugen. Was nützt es, wenn Millionen schreien:"Um Gottes willen hört auf".

Schreien ist sinnlos, die glauben an keinen Gott. Ihr Gott ist von dieser Welt und heißt Geld und Macht. Kein Wunder, daß honorige Leute wie Heinrich Neisser das Handtuch werfen. Aber ich habe Angst, daß irgendein Irrer es aufhebt und das Blut, das an seinen Händen klebt, hineinwischt.

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