Behausung für ein unbehaustes Paar

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"Da kommt noch jemand" von Jon Fosse im Volkstheater.

Er - Wolfgang Hübsch - trägt einen zerknitterten Anzug. Der Hosenbund, unter den Bauch geschoben hält das flatternde Beinkleid. Die weißen Haare hängen strähnig über den Nacken. Er hat seine gute Zeit, wenn er je eine hatte, hinter sich. Das sieht man. Neben ihm wirkt sie - Birgit Doll -, obwohl auch nicht mehr jung, wie ein Mädchen, ein hilfloses Geschöpf in kurzem Rock und engem Pulli, staksig, vorsichtig in ihren Bewegungen.

Gemeinsam haben sie ein altes Haus an einem einsamen Strand gekauft, um endlich "alleine beisammen" zu sein. Nun sind sie an ihrem Sehnsuchtsziel, doch eine Gewissheit ihrer gegenseitigen Liebe stellt sich nicht ein. "Da kommt noch jemand", fürchtet oder, auch das ist möglich, hofft sie. Wie eine Beschwörungsformel wiederholt sie diesen Satz. Er glaubt es nicht bis der frühere Hausbesitzer (Raimund Merker) auftaucht.

Jon Fosses 1992 entstandenes Stück "Da kommt noch jemand" geriet bei der österreichischen Erstaufführung im Wiener Volkstheater fast zu einer profanen Alltagsgeschichte. Allerdings nur auf ersten Blick. Der norwegische Autor, um dessen Stücke sich zur Zeit die Theater reißen, ist ein Meister der Reduktion. Er komponiert, wie er sagt: "Grundbefindlichkeiten". Er spielt mit Wort- und Satzelementen, die er wiederholt oder variiert und so Hülsen schafft für das, was unter dem Sagbaren liegt. Georg Schmiedleitners Inszenierung gelingt es sehr gut, die unterschwelligen Aggressionen, Ängste, Sehnsüchte freizulegen und Spannung zu erzeugen. Und Florian Parbs hat dazu den stimmigen Bühnenraum geschaffen: eine Behausung, die reine Attrappe ist, so ohne Zukunft wie dieses unbehauste Paar.

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