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Stefan Herheims Regie macht die musikalisch gelungene Grazer Aufführung unverständlich.

Was haben Salome, Don Quichotte, Queen Elisabeth I., eine maskuline Mona Lisa oder gar Andy Warhol und gleich zwei Marilyn Monroes mit der Figur der Carmen gemein? Eine schlüssige Antwort bleibt Stefan Herheim, der sie neben vielen anderen in Georges Bizets Carmen am Grazer Opernhaus auftauchen lässt, schuldig. Aber der Regisseur, seit der Salzburger Entführung als Stückezertrümmerer bekannt, lässt mit völlig neu kreierten Dialogen noch viele weitere, rätselhafte Dinge geschehen und überfrachtet so maßlos mit Ideen, dass die Geschichte für einen unbefangenen Betrachter völlig unverständlich wird. Die Oper spielt hier in einer Gemäldegalerie (Ausstattung: Heike Scheele), wo aus riesigen Bildern Figuren heraussteigen oder verschwinden, wo eine Putzfrau zu Carmen, ein Museumswärter zu Don José und umgekehrt werden. Es ist, als ob ständig zwischen Realität und Visionen changiert wird. Don José ist ein völlig neurotischer, ständig zusammenzuckender, lächerlicher Schwächling. Micaela wird unmotiviert von Escamillo erschossen. Unzählige Klone von Carmen, Micaela sowie von alten Meistern bevölkern die Bühne. Damit nicht genug, erfindet Herheim auch noch billige, völlig entbehrliche Gags.

Mit der musikalischen Seite ist man dagegen zufrieden: Jean-Pierre Furlan singt mit kraftvoller Höhe und packt emotional. Kirstin Chávez ist eine dunkeltimbrierte Carmen, Kate Ladner eine zarte Micaela, Luis Ledesma ein farbloser Escamillo. Tadellos sind die weiteren Rollen besetzt. Abgesehen von einigen Wackelkontakten erlebt man beim Grazer Philharmonischen Orchester unter Johannes Fritzsch viel Feuer und Leidenschaft. Das Publikum war gespalten: Bravos und Buhs!

Helmut Christian Mayer

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