Das Glück, Stefan Sagmeister zu sein

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Seine Suche nach dem Glück verpackte der international gefeierte, aus Bregenz stammende Grafikdesigner Stefan Sagmeister in die Ausstellung "The Happy Show", die alte Lebensweisheiten in flottem Design präsentiert, und ist auch damit erstaunlich erfolgreich.

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Seine Suche nach dem Glück verpackte der international gefeierte, aus Bregenz stammende Grafikdesigner Stefan Sagmeister in die Ausstellung "The Happy Show", die alte Lebensweisheiten in flottem Design präsentiert, und ist auch damit erstaunlich erfolgreich.

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Glücklicher wird uns die Ausstellung nicht machen, informiert Stefan Sagmeister im Beipacktext zu seiner "Happy Show", den er auf eine Tafel am Beginn seiner Ausstellung im MAK geschrieben hat. Die Ängstlichen werden nicht mutig, die Traurigen nicht heiter. Der Besuch im MAK wird keine Probleme lösen. Sagmeister erwähnt das, um "unsere Erwartungen zu dämpfen", denn: "niedrige Erwartungen sind eine ausgezeichnete Strategie". Der Automat daneben kann es sich nicht verkneifen, uns auf Knopfdruck gute Ratschläge zu geben: "Rufen Sie Ihre Mutter an" oder "Gehen Sie heim und haben Sie Sex".

Stefan Sagmeister will das Glück finden. Und das schon ziemlich lange. Neu ist in "The Happy Show" daher nichts. Bevor die Schau im MAK aufgebaut wurde, war sie schon in der halben Welt zu sehen. Die Feuilletons haben in ihren Kritiken die Redensarten vom Glück schon abgelutscht. Videos und Fotos zu Sagmeisters Glücksprojekt wurden in sozialen Netzwerken millionenfach angeklickt. Jedes Magazin, jede Design-Konferenz präsentiert ihn. Sagmeister ist ein Rockstar. Wie das geht?

Zwei überlebensgroße Affen im MAK-Foyer wissen Bescheid, einer sitzt, der andere hängt kopfüber von der Balustrade. Auf einer Leinwand tropfen Kaffee, Zucker und Milch in Zeitlupe ein "Do it now". Die kanadische Band Sisikyou betört mit "Pull it away" in Endlosschleife. Gleich beim Eintreten nimmt Stefan Sagmeister so die Besucher an der Hand und (ver)führt sie in seine durchdesignte Gedankenwelt.

Liebevolle Gehirnwäsche

Diese Hand wird er im Laufe des Rundgangs nicht mehr loslassen, selbst dahin, wo der Kaiser zu Fuß und vermutlich allein hinging, begleitet uns Sagmeister: die Säulen, die Wände, selbst Steckdosen und eben auch das Klo sind mit Gedanken, Anekdoten oder Sprüchen über das Glück beschrieben. Die eigentliche Essenz, das Sehenswerte in der Glückduselei sind neben Videoarbeiten ästhetische Schriftspielereien und großartige CD-Covers, für die er auch ausgezeichnet wurde. Das große Thema Glück, erzählt in der Ich-Form, verpackt in Alltagsweisheiten, aufgeputzt mit Statistiken - das macht Stefan Sagmeister sympathisch und glaubwürdig, und das Glück wird greifbar.

Der Designer wird zum Lebensratgeber: Selbstvertrauen trägt reiche Früchte. Drogen sind nur am Anfang lustig. Sich Sorgen zu machen, bringt nichts. Dazu Tiere, denen es gut geht! Eine Installation, die Ingwer-Zuckerl anbietet! Lieb. Und ein bisschen Gehirnwäsche. Didaktisch wirkt das trotzdem nicht: Stefan Sagmeister Superstar begegnet dem Besucher auf Augenhöhe. Er präsentiert sich als der Nicht-Perfekte, einer der "sich täglich eine Stunde Gutes tun" verordnen muss, weil er es sonst nicht täte (und darüber sehr erschrocken ist), der seine Gefühle täglich benotet, der das Glück trainieren möchte. Er beherrscht die Sprachen der Werbung und des Designs, nutzt jeweils das eine für das andere, lotet Grenzen aus und verwischt sie und hat damit unglaublichen Erfolg.

Das scheint genial und ein wenig beängstigend zugleich. Seine "Happy Show" trifft offenbar den Nerv einer in vielen Belangen überforderten Gesellschaft. Ein Sagmeister kommt da ganz recht. Einer, der sagt, ich will schlechte Nachrichten nicht mehr hören, die bösen Kommentare nicht mehr lesen. Einer, der fragt, wo bleibt das Gute? Der uns anhält, es in uns selbst zu finden. Der Scheuklappen aushändigt, die wir dankbar annehmen.

"Die Schau wird uns nicht glücklich machen, aber man will das gerne glauben. Man möchte sich einlullen lassen von den weichen Melodien, von der Zeitlupe, von Omas Kalendersprüchen, die auf englisch ziemlich trendig klingen. Die Statistiken, die Sagmeister aufbereitet hat, bestätigen uns darin: Die soziale Wirklichkeit hat ja nur ganz wenig Einfluss auf das individuelle Glück. Und Geld macht - den, der's hat - eh nicht glücklich.

Wer aus dem Untergeschoss die Stiegen Richtung Ausgang und Alltag erklimmt, sieht die Affenbeine von hinten über die Balustrade baumeln, sieht die Schnüre, mit denen die Show zusammengehalten wird und mit denen uns der Meister vielleicht einen Affen aufbindet.

Stefan Sagmeister. The Happy Show

bis 28. März, MAK Wien Mi-So 10-18 Uhr, Di bis 22 Uhr www.mak.at

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