Das Werk als Nebensache

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Nach "Traviata“ und "Rigoletto“ in den Vorjahren enttäuschen die Wiener Festwochen nun auch mit "Il Trovatore“. Szenisch wie musikalisch.

Ob sie die Handlung dieser Verdi-Oper verstanden haben, werden Dirigent Omer Meir Wellber und Regisseur Philipp Stölzl gefragt. Nein, antwortet der Dirigent, nach wochenlanger Beschäftigung; ja, der Regisseur. Was man im schmalen Programmheft nachlesen kann, erweist sich schon nach wenigen Minuten der Aufführung nicht, wie man meinen könnte, als Pointe, sondern als traurige Realität. "Il Trovatore“ auf diesem Niveau will man nirgendwo sehen und hören. Schon gar nicht bei Festwochen.

Die Tatsache, dass dabei mit der Berliner "Lindenoper“ kooperiert wird, macht diesen Befund nicht besser. Im Gegenteil. Dort werden, so ist es geplant, Stars wie Netrebko und Domingo auftreten. Im Theater an der Wien musste man sich dafür mit sehr Durchschnittlichem begnügen. Was nichts damit zu tun hat, dass die Sänger, von der Darstellerin der Azucena abgesehen, weitgehend unbekannt waren, sondern mit ihren Leistungen. Wenigstens der Ferrando - er spielt freilich in diesem Verdi alles andere als eine tragende Rolle - von Gábor Bretz war rollendeckend.

Blasse Protagonisten

Sonst mangelte es den Protagonisten, die sich durch oberflächliche Phrasierung und nur in Maßen deutliche Artikulation auszeichneten, meist an klaren Höhen, ausdrucksreicher Mittellage und prägnanter Tiefe. Egal, ob der farblose Luna von Artur Rucinski, die auch durch häufiges Distonieren auffallende Leonora von Carmen Giannattasio oder der sich ebenfalls gerne in unkultivierte Lautstärke flüchtende Manrico des als einer der weltweit(!) führenden Spinto-Tenöre avisierten Yonghoon Lee. Hatte er in Wien einen so schlechten Tag, dass er diesem Anspruch nicht einmal andeutungsweise nahekommen konnte? Passabel, aber auch sie keine Festwochen-Besetzung, und schon gar nicht in einer Musikstadt wie Wien, die Azucena der aus St. Petersburg gebürtigen und immerhin schon in mehreren deutschen Theatern reüssierenden Marina Prudenskaja.

Einfach hatten es die Sängerinnen und Sänger, aber auch die entsprechend mit ihren Möglichkeiten geizenden Musiker des ORF-RSO-Wien, die auch im Operngraben Außerordentliches leisten können, nicht. Denn am Pult zeigte der glücklose Musikdirektor des Opernhauses von Valencia, der einstige Barenboim-Assistent Omer Meir Wellber, dass er mit dieser Oper nur wenig anzufangen weiß. Von Verinnerlichung der Partitur konnte bei seinem Dirigat nicht die Rede sein. So beiläufig führte er die Sänger, so wenig vermochte er orchestrale Akzente zu setzen. Die gerade in diesem Verdi so meisterhaft ausgedrückten, nicht allein zwischenmenschlichen Konflikte kamen damit nicht einmal ansatzweise über die Rampe.

"Popkonzert, wo jede Nummer fetzt“

Ursprünglich wollte Festwochen-Intendant Luc Bondy diese Verdi’sche Trilogia popolare selbst inszenieren. Krankheit hinderte ihn daran. So übernahm Geoffrey Layton 2011 "Rigoletto“ und Deborah Warner im Vorjahr die "Traviata“. Beides nicht überzeugend. Hier reiht sich leider auch Philipp Stölzl ein, der diesen "Trovatore“ mit einem "Popkonzert, wo jede Nummer fetzt“ assoziiert wissen will. Was er auf der trapezartigen, immer wieder mit unnotwendigen Videoeinspielungen befrachteten kargen Bühne zeigt, erinnert freilich vor allem an Comics, in denen die Darsteller hauptsächlich damit beschäftigt sind, sich selbst zu persiflieren, kaum mit dem Stück. Kasperlartig trippeln die Choristen über die Bühne, ferngesteuert bewegt sich Inez, Azucena wird als Verrückte gezeichnet.

Il Trovatore

Theater an der Wien

29., 31. Mai, 3. Juni

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