Das Wesen der Farbe als Diagnose

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Martha Jungwirth, für die Farbe vor Form geht, ist eine Personale in Graz gewidmet.

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Martha Jungwirth, für die Farbe vor Form geht, ist eine Personale in Graz gewidmet.

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Ich erfinde eine malerische Sprache, ein Äquivalent zur starren verbindlichen Realität." So definiert Martha Jungwirth ihre Haltung zur Malerei. Sie gehört heute zu den wichtigsten Vertretern der zeitgenössischen österreichischen Kunst, als Frau hat sie auch deshalb eine Sonderstellung. Nun zeigt das Kulturhaus in Graz zum Beginn der neuen Saison eine Personale der 1940 in Wien geborenen Künstlerin.

Der Schwerpunkt liegt dabei auf den Aquarellen. Ihnen gehört Martha Jungwirths besondere Liebe, wofür es vielleicht drei Gründe gibt: Einmal gehört das Aquarell zu den schwierigsten Techniken und stellt deshalb eine reizvolle Herausforderung dar. Der zweite Grund könnte das verwendete Papier sein. Martha Jungwirth liebt es, außergewöhnliches Material zu verwenden: bedruckte Bogen, die übermalt werden, dickes, fast kartonähnliches Papier, das durch den Kontakt mit der Farbe ein Eigenleben entwickelt. Am wichtigsten aber ist in ihren Werken das Licht: Farben erscheinen in ihren Augen als Licht, die Verbindung zum Impressionismus ist deutlich gemacht. Und wie in dieser Malerschule steht die Form im Hintergrund, dient als Transportmittel für eine Explosion von lichtüberglänzter Farbe.

Martha Jungwirth holt ihre Eindrücke auf Reisen und Aufenthalten in lichten Regionen: Aus Bali bringt sie grüne Valeurs mit, der "mythische Raum der Kykladen", wie sie ihn selbst nennt, drückt sich in strahlendem Rot aus. Auf diesen Reisen entstehen die kleinen Formate. Große Bilder wurden entweder "aus ihrem Atelierfenster" in Wien gemalt oder aus den in der Erinnerung gespeicherten Eindrücken.

Eine Besonderheit kennzeichnet die Aquarelle beim Entstehen: Martha Jungwirth taucht sie ins Wasser, schwemmt sie ab, übermalt sie, Wasser ist mehr als Lösungsmittel für Farbe, es ist ein Bestandteil des schöpferischen Prozesses. Bei den Ölbildern zeigt sich eine Künstlerpersönlichkeit, welche alle Beschränkungen sprengt. In wildem Rot steht "Klytemnestra" auf der Leinwand, Farbe gewordene Rache einer wilden Persönlichkeit. Das "Wesen der Farbe", in welches Martha Jungwirth eindringt, wird zur Diagnose eines Menschen, einer Landschaft, einer Künstlerin.

Bis 29. September Elisabethstraße 30, 8010 Graz

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