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Der bulgarische National-Nihilist aus Ohlsdorf

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Wenn es ein Procedere für eine Art hterarischen Heihgsprechungsprozeß gäbe, müßte ein Verfahren im Fall Thomas Bernhards schon ziemlich weit gediehen sein. In der oberösterreichischen Gemeinde Ohlsdorf, wo sich Bernhard in den sechziger Jahren niedergelassen, wo er sich zeitlebens aber einem öffentlichen Auftritt verweigert hatte, machte man sich nun daran, seine verstreute Leser- und Anhängerschar zusammenzuführen. Mit Zustimmung des Halbbruders. Mit einer Foto- und Buchausstellung. Zur Erirmerung an den großen Dichter imd wohl auch, um den Tourismus ein wenig anzukurbeln.

Beim Kirchenwirt, wo angeb-hch die Idee für seine autobiographischen Bände reifte, ist eine kleine, klug zusammengestellte Ausstellung zu Schauplätzen aus dem Bemhardschen Werk, etwa dem Schloß Wolfisegg aus „Auslöschung", zu sehen, die der Salzburger Germanist Hans Höller gemeinsam mit dem Fotografen Erich Hinterholzer gestaltet hat.

Der Meister ist in seinem Werk präsent - und das zehn Vorträge oder 14 Stunden lang. Facettenreich wird entfaltet und entwickelt, was dem Publikum, das überwiegend aus eingefleischten „Bemhardianern" besteht, bereits bekannt ist: „Wi wissen im Grunde ja alles", gt steht eine Zuhörerin im Plenun Bernhard als Ankleidungsfet schist, als Sprachmusikkompc nist, als Moralist, als charakter stische Metapher des Jahrhur derts, Bernhard als Übersetzung problem, als Rezeptionsphänc men, als Leserbriefschreiber, a Aufklärer, als Neokonservative der leidende Bernhard, der kom sehe Bernhard: Der Nuancen, d( Differenzierungen und Etikett« Hingen sind naturgemäß keir Grenzen gesetzt. Keine Speiser karte, die nicht eine Debati über die Fritattensuppe („D( Theatermacher") auslöst.

Gemeinsam stellt sich di Symposium die Frage nach di weltweiten Faszination der Tex Bernhards, der im Ausland ve BLUFF enderweise als „bester sp nischer Realist", als „französ scher Existentialist" und gar a „bulgarischer Nationalnihilis; gehandelt wird. Durchaus g ehrt und unterhaltsam geht ai eine Veranstaltung über die Bül ne, bei der man ledighch d Fehlen einer künstlerischen Au einandersetzung mit Bernha registrieren muß. „Nie und n nichts fertig werden" lautet d Titel einer berühmten Re( Bernhards. In diesem Sinn sc der Diskurs über den große Dichter in drei Jahren in Ohl dorf weitergeführt werden.

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