Der Text macht das Stück

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Salzburg: Uraufführung am Schauspielhaus und George Taboris "Mein Kampf" am Landestheater.

Was beim Lesen des geschriebenen Wortes nicht so auffällt wie auf der Bühne beim Hören des gesprochenen, ist die Tatsache, dass Worthülsen auf der Bühne sich sofort deklarieren. Dichter Text hingegen, glaubwürdig bis zum Beistrich, fällt ebenso während der ersten Minuten auf. Beide Extreme sind zurzeit auf Salzburger Bühnen zu sehen. "Oh Wunder! Schöne neue Welt" von Christoph Klimke als Uraufführung im Schauspielhaus und George Taboris Farce "Mein Kampf" im Landestheater. Dem Schauspielhaus ist zu danken, dass es den Klimke-Text auf den Prüfstand gestellt hat. Wer sonst nähme sich mit dieser Intensität neuer Stücke an und legte alle Verve in eine nicht unaufwändige Inszenierung? Hier ist ehedem utopische Literatur wie "1984" oder "Schöne neue Welt" und einiges von Feuilletonseiten zum 25. Jahrestag von Nine-eleven 2026 zusammengekleistert worden. Der Inhalt: Ein Konzern hat sich des Staats bemächtigt, ein bisschen totalitäres Getue mit entsprechender Liquidierung der Machthabenden, ein bisschen Gesellschaftstheorie mit Ober- und Untermenschen und eine einfältige Liebesgeschichte füllen den Abend. Diese Ingredientien hat Klimke nach dem Motto "Passt!" zu wenig geknetet, vom Text zu wenig weggeworfen und zu wenig neu geschrieben. Schade um das Engagement des Ensembles des Schauspielhauses, wo auch die Regie von Hannes Hametner nur wenig gegen den Text auszurichten vermochte.

Von ganz anderem Zuschnitt ist "Mein Kampf", der Text zu George Taboris Farce. Er fragte, wie es denn gewesen sein könnte, wenn ein Jude und der junge Hitler sich kennen gelernt hätten. Schlomo kümmert sich im Wiener Obdachlosenheim für Männer um Hitler und hält auf alle bösartigen Einfälle des Braunauers immer wieder mit alttestamentarischer Weisheit und Güte dagegen. Und das wird in allen Wortspielen, die schon die Zukunft andeuten, durchgehalten. Gerhard Hermann ist Schlomo Herzl, Torsten Hermentin der Hitler, um die Spur zu wenig böse, Elisabeth Nelhiebel Schlomos Freundin Gretchen und Werner Friedl der klug kommentierende Lobkowitz. Johannes Zameters Regie ist diese runde Aufführung zu danken. Ein dichter Text macht eben ein Stück, nicht Worthülsen.

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