Die Katastrophe ist das System

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Die Sonntagspredigt klingt so: "Ökologisch zu leben heißt, ein besonnenes Leben zu führen, dasjenige Maß im Umgang mit Ressourcen und Techniken ausfindig zu machen, das ökologisch verträglich ist, Eingriffe in vorgefundene Zusammenhänge nur in dem Maße vorzunehmen, wie sie von diesen auch bewältigt werden können, und jede irreversible Schädigung zu vermeiden.“

Das zornige Manifest liest sich so: "In den Reden der Ökologen ist alles umzukehren. Da, wo sie von ‚Katastrophen‘ sprechen, um die Ausrutscher des herrschenden Systems bei der Verwaltung der Wesen und Dinge zu bezeichnen, sehen wir nur die Katastrophe seines perfekten Funktionierens. Das, was sich überall als Katastrophe darstellt, war immer und ist noch vor allem der Ausdruck einer verheerenden Beziehung zur Welt. Die Regelmäßigkeit des globalen Funktionierens überdeckt in normalen Zeiten unseren an sich katastrophalen Zustand der Enteignung.“

Die Botschaft des Sonntagspredigers (Wilhelm Schmid: Schönes Leben. Einführung in die Lebenskunst, 2000) lautet, dass jeder Einzelne den Lauf der Welt durch sein Betragen beeinflussen kann. Die Verfasser des zornigen Manifests (Unsichtbares Komitee: Der kommende Aufstand, 2010) sehen entfremdete, hilflose Statisten des kapitalistischen Dramas, die Müll trennen, Herkunftsnachweise der Frühstückseier studieren und sich teure "Öko-Strom“-Tarife aufschwatzen lassen.

Deepwater Horizon, Fukushima - weniger als ein Jahr liegt zwischen diesen Ereignissen. Wir sprechen nicht von Naturgewalten. Wir sprechen von der Hypertrophie der Macher, derjenigen, die für Bau und Betrieb von Bohrinseln und nuklearen Kraftwerken verantwortlich sind. Man muss sie zur Besonnenheit bringen. Dafür tut Handeln not, ist Anstrengung gefragt. Mehr als für den Umweg zum Bio-Markt.

* Die Autorin ist Direktorin des Lentos Kunstmuseum Linz

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