Die Lebenswege dreier Frauen

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Sensibel inszenierte deutschsprachige Erstaufführung von David Hares Drama "Amy`s Welt" am Wiener Volkstheater.

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Sensibel inszenierte deutschsprachige Erstaufführung von David Hares Drama "Amy`s Welt" am Wiener Volkstheater.

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Eine bittersüße Familiensaga nimmt ihren komischen wehmütigen Lauf bis zu einem traurigen Ende. Menschen versuchen an ihren Lebensentwürfen festzuhalten, etwas hoffnungslos, die Vergeblichkeit ahnend, träumend, liebend, um sich schlagend oder Kraft aus scheinbarer Schwäche gewinnend. David Hares Tragikomödie "Amy's Welt", die im Wiener Volkstheater zur deutschsprachigen Erstaufführung kam, erzählt die Lebenswege dreier Frauen aus einer englischen Künstlerfamilie, eingebettet in den historischen Hintergrund der Margret-Thatcher-Ära und der Finanzkatastrophe bei Lloyd's in den Jahren nach 1989, die vielen Investoren das letzte Hemd kostete.

Es ist eine Zeit des Umbruchs, der aus den Fugen geratenen Weltentwürfe, die mit der 68er Generation ein letztes Echo fanden, des schwierigen Überlebens und des Verlustes von, in diesem Umfeld, künstlerischen Idealen, die in der prosaischen Welt der Medien zunehmend Marketingstrategien weichen müssen. So ist Hares Stück auch ein Plädoyer für das Theater oder vielmehr für eine Haltung zur Kunst, die nicht nur nach billigen Sensationseffekten hascht, sondern auch jene Bereiche der Sensibilität und Tabus in sich trägt, welche die Grenzen der menschlichen Erfahrung ausloten.

Kreativität atmet der Bühnenraum von Florian Etti. Mit seiner großzügigen Weite, den gläsernen Nebenräumen und farbigem Fensterglas ist er die ländliche Heimstatt für künstlerische Menschen.

Drei Generationen leben in ihm ihre Geschichte: Evelyn (Vera Borek), die ehemalige Kunstlehrerin und Großmutter, langsam verdämmernd über den Zeitraum der 18 Jahre, die das Stück umschließt, Esme die starke der drei, Witwe eines Malers, Theaterschauspielerin, welche die profane Wirklichkeit mit Geldsorgen einholt, und deren Tochter Amy.

Mit derselben Hingabe mit der sich ihre Mutter ihrer Kunst widmet, verschenkt diese sich an ihren Mann, einen ehrgeizigen, von einem eigenen Filmwerk träumenden Filmkritiker und ihre Familie. Wenn sie am Ende überraschend stirbt, bleiben er, der sie betrogen hat und ihre, noch dazu plötzlich auch finanziell ruinierte, Mutter zurück. Er hat sich längst einer neuen Frau zugewandt, sie sucht und findet Trost in ihrer Kunst.

Arie Zingers bedächtige, schlichte und gerade dadurch eindrucksvolle Inszenierung wird vor allem von zwei Schauspielerpersönlichkeiten getragen. Zunächst von Anne-Marie Kuster in der Rolle der Esme. Warme Beseeltheit ausstrahlend, in Liebe mit ihrer Tochter verbunden, lebensuntüchtig und stark zugleich, findet sie allen Schicksalschlägen zum Trotz ihren Weg. Ihr starker Gegenpart ist Fritz Hammel in der Rolle des Dominic. Von Esme abgelehnt, bahnt er sich seinen Weg in der geldorientierten Medienwelt nach oben. "Damit manche Menschen hochkommen, gehen andere unter" wirft die Mutter ihrem Schwiegersohn am Ende vor. Zwischen diesen beiden hat Emanuela von Frankenberg, nicht nur ihrer Figur der Amy gemäß, alle Mühe zu bestehen. Nicht nur einmal flüchtet sie sich in exaltierte Gestik. Stimmig agieren Michael Rastl und Georgi Nikoloff in Nebenrollen.

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