Die Perspektive schlechthin

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Thema: Abraham

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Thema: Abraham

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Zieh weg aus deinem Land, von deiner Verwandtschaft und aus deinem Vaterhaus in das Land, das ich dir zeigen werde … Auch wenn sich das für uns Migrationsgeplagte und Zuwanderungsalarmierte anhört wie der Anwerbungsversuch eines Schleppers: Es handelt sich um ein Zitat aus dem Buch Genesis (Gen 12, 1). Genauer: um die Aufforderung Gottes an Abraham, noch hochbetagt ins Ungewisse aufzubrechen. Mit nicht einem – für den bis dahin kinderlos Gebliebenen völlig „schrägen“ – Versprechen in der Hand: Ich werde dich zu einem großen Volk machen, dich segnen und deinen Namen groß machen ... Durch dich sollen alle Geschlechter der Erde Segen erlangen (Gen 12,2–3). Und einen Vers weiter heißt es dann ganz lapidar: Da zog Abram weg, wie der Herr ihm gesagt hatte …

Ich höre heute noch, wie meine Volksschulreligionslehrerin die Darlegung dieser paar Bibelverse für uns zu einem Erlebnis werden hat lassen. Und dabei wahrscheinlich nicht nur bei mir früh auf Depot gelegt hat, was sich erst später, aber dafür immer klarer als die Perspektive des Glaubens schlechthin eröffnet hat: Glaube kommt vom Hören. Und ist immer Aufbruch. Ist damit immer dem Verdacht ausgesetzt, bloß überspanntes Stimmenhören zu sein (Weshalb die Grenze zwischen überspannten Stimmenhörern und konsequent Glaubenden auch gar nicht so leicht zu ziehen ist und Glaubende oft Grenzgänger sind). Als ständiges Aufbrechen wiederum gerät Glauben leicht in Konflikt mit der Haltsuche im Unveränderlichen, im Konservierenwollen des Gewohnten und Genormten. Aber auch mit der Hoffnungslosigkeit und Resignation, die Veränderungen im Weg stehen können.

Gegen alle Hoffnung hat er (Abraham) voll Hoffnung geglaubt …, fügt der Römerbrief (4,18) den Glaubenselementen Hören und Aufbrechen noch eines hinzu: voll Hoffnung sein. Und vor allem leben.

* Der Autor ist Pfarrer in Probstdorf und Universitätsseelsorger

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