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Wer hätte gedacht, dass man mit einer Hommage an die durch die Brille von Stefan Zweig gefilterte morbide Welt heutzutage reüssieren kann? Und dass das alte Europa (Stichwort: 100 Jahre 1914 ) unter den Regie-Händen eines Amerikaners neu ersteht?

Nun ist Wes Anderson aber schon ein besonderer Zeitgenosse von jenseits des Atlantiks. Wie er in "Grand Budapest Hotel" fuhrwerkt, macht ihm jedoch auch diesseits des Ozeans niemand nach. Selbst wenn die Anmutung, mit starr komponierten, von Tableaus inspirierten Kameraeinstellungen zu operieren, die der heimische Kinogeher ja auch von Ulrich Seidl gewohnt ist, bleibt die Filmsprache Andersons originär. Dazu kommen Witz sowie punktgenau beobachtete und gefilmte Absurdität, die den unnachahmlichen Stil kreieren, für den der Regisseur steht -und hoffentlich auch diesmal von seinem Publikum geliebt wird.

Zusätzlich zeigt schon ein Exzerpt der Besetzungsliste, wie viele aus der ersten Starriege hier auch für kleinste Rollen zur Verfügung standen: Mathieu Amalric, William Dafoe, Harvey Keitel, Jude Law, Bill Murray, Léa Seydoux, Tilda Swinton, Owen Wilson - und Karl Markovics: somit kann der heimische Zuschauer auch ein klein wenig Lokalkolorit finden.

Nur ein klein wenig? Wes Anderson, der ja auch fürs Drehbuch verantwortlich zeichnet, hat Stefan Zweig verinnerlicht und errichtet daraus einen altösterreichischen Kosmos, der kulturelle Reminiszenzen an eine lang versunkene Welt auch hierzulande wachrütteln wird.

Das irgendwie altösterreichische Zubrowka

Das Grand Budapest Hotel steht in einem genial gut erfundenen Kurort im Alpenstaat Zubrowka. Dort schaltet und waltet der Concierge M. Gustave H. (Ralph Fiennes). Der wird gemeinsam mit dem Lobbyboy Zero - gespielt vom mehr als vielversprechenden Newcomer Tony Revolory -in eine skurrile Handlung verstrickt, die ihresgleichen noch nie einen Kinosaal heimgesucht hat.

Das Ungemach beginnt mit dem gewaltsamen Ableben eines Kurgastes, der 84-jährigen Herzogin Madame D. (Tilda Swinton), um deren Vermögen ein missratener Sohn und eine in jeder Hinsicht lästige Sippschaft streiten. M. Gustave wird in diese Auseinandersetzungen hineingezogen -und findet sich sowohl im Gefängnis, dann vom mysteriösen Killer Jopling (Willem Dafoe) verfolgt, als dann auch in den gleichfalls surreal überhöhten, aber überraschend genau recherchierten protofaschistischen Polit-Wirren jener Tage wieder.

Das alles führt -gepaart mit einer gar rührenden Liebesgeschichte zwischen Zero und der angehenden Pâtissière namens Agathe (Saoirse Ronan) - zu Verwicklungen, die in kaum vorstellbar atemlose Kapriolen der Handlung münden: völlig absurd, aber doch nah an diesem Stefan Zweig'schen Kosmos, jener Welt von Gestern, die im angelsächsischen Sprachraum unter Garantie völlig unbekannt, aber auch hierzulande längst im Verlöschen aus dem kulturellen Gedächtnis begriffen ist.

Grand Budapest Hotel (The Grand Budapest Hotel) USA/GB/D 2014. Regie: Wes Anderson. Mit Ralph Fiennes Tony Revolory, Saoirse Ronan, Willem Dafoe. Centfox. 100 Min,

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