Dokumente verhaltener Liebe

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"Eremit - Zeitzeuge - Philosoph": Ausstellung zum 90. Geburtstag des Malers Zoran Music. überlebte,

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"Eremit - Zeitzeuge - Philosoph": Ausstellung zum 90. Geburtstag des Malers Zoran Music. überlebte,

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Ich illustriere nicht, niemals. Was ich erlebt habe, mußte im Inneren reifen. Am Anfang versuchte ich, alles zu vergessen - es war ein Alptraum." Der Augenblick, "wo alles raus mußte", kam für den 1909 im ehemaligen Görz (Gorizia) geborenen Zoran Music mehr als zwanzig Jahre nach Dachau, wo er Zwangsarbeit verrichtett: Bild geworden in der Serie "Wir sind nicht die letzten". Zu seinem 90. Geburtstag (am 12. Februar) widmet ihm die Sammlung Essl eine umfassende Ausstellung: "Zoran Music: Eremit - Zeitzeuge - Philosoph".

Music, der von frühester Kindheit an gezeichnet hat, studierte an der Akademie der Schönen Künste in Zagreb. Die Sommer verbrachte er immer wieder in Dalmatien, dessen karstige, "essentielle" Landschaft ihn zeitlebens faszinierte und zu einem bestimmenden Thema seiner Malerei wurde. 1943 reiste Music zum ersten Mal nach Venedig: jener Ort, auf den er gewartet hatte, nach dem er sich schon als Kind - von den Weingärten der Großmutter aus - gesehnt hatte. Als er 1944 nach Venedig zurückkehrte, wurde er von der Gestapo verhaftet. Das war "gleich um die Ecke", wo er heute sein Atelier hat: "Ich hatte einen Freund, einen jungen, fidelen Mann, der an einem kleinen privaten Sender bastelte. Die SS vermutete überall Spionage und Sabotage. Er hatte nichts dergleichen im Sinn." Music, für den nur die Malerei zählte, wurde als Zwangsarbeiter nach Dachau gebracht. Dort begann er heimlich zu zeichnen: Tote und Sterbende. Etwa 200 solcher Zeichnungen versteckte er in der Fabrik, an verschiedenen Stellen der Maschine, die er zu bedienen hatte. Wäre er bei dieser Tätigkeit entdeckt worden, hätte es den sicheren Tod bedeutet. Dennoch gelang es Music, gut drei Dutzend dieser Blätter hinauszubringen. 1970 knüpft er hier an, malt nackte, ausgemergelte Körper, herausgelöst aus Ort und Zeit. Denn: Nach Dachau oder Auschwitz, deren Opfer dachten, "sie wären die letzten, denen so etwas passiert", gab es Vietnam und Jugoslawien und, und, und...

Dem Künstler, der bis dahin versucht hatte, "alles im Gleichnis der Landschaft zu sagen", wird es nun wieder möglich, Figuren zu malen. Im Spätwerk konzentriert sich Music hauptsächlich auf sich selbst und seine Frau Ida: "Dokumente verhaltener Liebe" nennt Wieland Schmied diese Doppelporträts, deren "verbindendes Schweigen" an Kokoschka denken läßt. Wie der späte Edvard Munch sucht Music nun die Wahrheit in sich selbst, wovon die "transitorischen" Selbstbildnisse eindrucksvolles Zeugnis geben.

Zoran Music, der sich Kunsttrends stets widersetzt hat, malt aus der Seele heraus, aus dem Unterbewußten: "Es entstehen so Serien von Bildern, die muß ich ganz einfach malen. Dann tritt für zwei, drei Monate eine Pause ein. Plötzlich entsteht eine neue Idee, und alles fängt von vorne an. Kunst ist eine Notwendigkeit, die immer wieder auf's Neue geschieht."

Bis 21. Mai 1999 Schömer-Haus, Aufeldstraße 17-23 3400 Klosterneuburg

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