Dunkelrote Rosen für die Liebste

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Graz hätte allen Grund, den Operettenmeister Carl Millöcker, der seine Dirigentenlaufbahn einst an der Mur begann, in Ehren zu halten. Doch mit einem Bauchfleck landet "Gasparone“ zwischen Skylla und Charybdis, sprich Zeitgeist (Regietheater) und Arrangement.

Obwohl Inszenator Olivier Tambosi und Dirigent Marius Burkert sich auf den Operettenpapst Volker Klotz berufen, hantieren sie mit der unsäglichen Textfassung von Paul Knepler und der unnötigen musikalischen "Neubearbeitung“ von 1931 von Ernst Steffan und verwandeln als alchemis-tische Zauberlehrlinge einen Abend lang Operettengold in Silberblech. Verwitwete Gräfin Carlotta und verdächtiger Graf Erminio finden sich in den roaring fifties mit Hula-Hoop-Reifen, die Carabinieri mutieren zu österreichischen Polizisten.

Natürlich ist sizilianisches bürgermeisterliches Besitzstreben zeitlos, auch dunkelrote Rosen für die Liebste sind zeitlos. Aber die verbalen Anspielungen auf Bunga-bunga, Berlusconi-Wähler auf dem Stiefel und hetero- wie homosexuelle Dessous-Paraden sind nur matte Pointen. Dass der weltweit aktive Olivier Tambosi mehr auf dem Kasten hätte, zeigt, wie er sein Pulver gleich im ersten Bild verschießt: Sizilien, der Bürgermeister und das Wählervolk liegen in Morpheus’ Armen im Bett, während Schmugglerkönig Benozzo zur Ablenkung von seinen Aktivitäten den furchterregenden Räuber Gasparone erfindet, zu dem sich im Verlauf einer Liebesgeschichte mit Gräfin Carlotta der vazierende Graf Erminio Saluzzo stilisiert. Befremdlich Tambosis "Gag“, dass die "selige Insel“ seit 1918 keinen Zugang zum Meer mehr habe. Will er damit auf Österreich hinaus, warum dann aber von Trapani statt von Syrakus aus?

Befremdlich auch die Optik, dass praktisch jede Musiknummer bis hin zum Liebesduett von Stephan Brauer wie ein Lotsenalphabet choreographiert wird, eine hingebaute Fußangel-Sanddüneninsel von Andreas Wilkens nicht einmal eine Hochzeitstarantella ermöglicht.

Charme, Temperament und Erotik

Graz kann Carlotta und Erminio zwar doppelt besetzen. Aber die in Graz ausgebildete Kroatin Evelin Novak müht sich bei sicherer Höhe mit Charmedefiziten, ihr als Premierenbesetzung aufgebotener Südtiroler Bariton-Lackl Andre Schuen macht auch vokal sieghafte Figur.

Charme, Temperament und Erotik im Überfluss setzt das exzellente Buffo-Paar Sieglinde Feldhofer (Sora) und Janos Mischuretz ein. Und lässt so die leichtgewichtigen Buffopartien des Bürgermeisters (Götz Zemann) und des Dorfgockels Sindulfo (Martin Fournier) blass aussehen. Orchester und Maestro musizieren an Millöcker vorbei. Die Reanimation der Partitur geht leider schief, der Patient ex.

Weitere Termine

10., 15., 17., 20., 24. März

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