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Nestroy-Collage "Gottlieb Schlicht" am Akademietheater.

Gläserklirren, Klavierspiel. Eine Kindstaufe lässt die in Selbstmordgedanken versunkene Gestalt noch tiefer ins Grübeln kommen. Wie ironisch passend, dass ein Leben beginnt, wenn ein anderes sein Ende finden will. Sie steckt die Pistole ein. Der Lauf wippt grotesk in der Hosentasche. Es ist ein traurig-komischer Geselle und in allen Fasern eine Johann-Nestroy-Figur, die da vor dem Eisernen Vorhang im Wiener Akademietheater Bühnenleben gewinnt.

Libgart Schwarz hat ihre Nestroy-Collage "Gottlieb Schlicht" im Alleingang zusammengestellt. Lose leitet ein dramaturgische Faden. Er führt zu einem Charakter, für den Gottlieb Herb aus dem Stück "Der Schützling" und der introvertierte Jakob Schlicht aus "Mein Freund" primäre Paten waren.

Nestroy hatte sich die Rolle des liberalen skeptischen Reformers "Gottlieb" etwa ein Jahr vor der Revolution 1848 auf den Leib geschrieben, rund zweieinhalb Jahre nach dieser, in postrevolutionärer Katerstimmung, ließ er seinen "Schlicht" nur noch im Privatem seinen Idealen nachhängen. Beide sind sehr ambivalente Figuren in zwei dunklen Stücken. Sie verschmelzen in der Verkörperung durch Libgart Schwarz zu einem ebensolchen Charakter - angereichert durch Splitter aus, insgesamt 26 Stücken.

Intellektuelles Spiel mit der Nestroy'schen Sprachwelt, ernsthafte Suche aber auch Humor prägen einen Abend, der sich angesichts der unterschiedlichsten Beschäftigungen mit dem Autor anläßlich seines 200. Geburtstages nicht zu verstecken braucht. Bühnenbildnerin Amina Handke, die hier erstmals mit ihrer Mutter zusammenarbeitete, hat dazu - sehr überlegt - sparsame Zeichen einer, im ausgehenden Biedermeier gelagerten Handlung gesetzt.

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