Ehrenwerte Gesellschaft

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Wenn Dietmar Steiner durch die noch leeren Räume seines Architekturzentrums im Wiener Museumsquartier streift, kommt er aus dem Kopfschütteln nicht heraus: "Diese Lampen passen in ein Möbelhaus, aber für einen Ausstellungsraum sind sie ungeeignet", kann der Az W-Leiter die Geschmacklosigkeit der an der Wand befindlichen Beleuchtungskörper nicht fassen. Bei der ersten Gelegenheit werden die "Friedhofslampen" (Steiner), die er beim Einzug vorfand, abgenommen. Wesentlich kostspieliger wird der Ausbau einiger der nagelneuen Glasportale, weil die geplante Cafeteria offener konzipiert ist, als sich das die Museumsquartier Errichtungs- und Betriebsgesellschaft vorgestellt hat.

Wochen vor der geplanten Eröffnung des Museumsquartiers (MQ) am 28. Juni bestätigen sich die Befürchtungen vieler Kritiker: Mit der Museumsquartier Errichtungs- und Betriebsgesellschaft ist eine übermächtige Organisation installiert worden, die wie eine Krake die einzelnen Institutionen des Museums umschlingt, ihnen die Luft zum Atmen nimmt und dabei auch noch verhöhnt.

Das "Quartier 21" sei "weder Institution, noch Club", sondern ausschließlich die "räumliche Bezeichnung" einer "Aktionsplattform für unabhängiger Kleininstitutionen". So hieß es offiziell seitens der Gesellschaft, nachdem sich die über das gesamte Gelände verstreuten kleinen Nutzer des MQ heftig dagegen gewehrt hatten, in einen gemeinsamen institutionellen Rahmen namens "Quartier 21" gepresst zu werden. Seit voriger Woche gibt es nun im MQ eine Großausstellung namens "Central". Wo? Im "Quartier 21"!

Gerald Matt eröffnet seine Kunsthalle schon diese Woche, um nicht bei der offiziellen Eröffnung des gesamten MQ politisch vereinnahmt zu werden. Die Vendetta folgte, wie bekannt, umgehend: Die Gesellschaft verbot kurzerhand das Einweihungsspektakel "pyromanische Serenade" vor den Toren der Kunsthalle. Damit machte sie klar, wer im MQ das Sagen hat: Nicht die Kultureinrichtungen, sondern die allmächtige Betriebsgesellschaft. Nicht die Kunst, sondern die Bürokratie.

Der Erfolg des Museumsquartiers wird wohl wesentlich davon abhängen, ob sich die einzelnen Institutionen aus dem Würgegriff der Gesellschaft befreien können.

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