Ein dunkles Geheimnis

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Ein glückliches Leben könnten Martin (Andreas Kiendl) und Katharina (Ursula Strauss) mit ihrem Adoptivsohn Tobias (Nikolai Klinkosch) in ihrem Haus am Stadtrand von Wien führen, doch schwer lastet Martins Burnout und Tobias' Autismus auf der Kleinfamilie. Willkommene Veränderung bringen daher neue Nachbarn und die junge Nicole (Lili Epply) versteht sich auch so gut mit Tobias, dass er sichtlich aufblüht. So könnte es weitergehen, doch zunehmend stößt Martin bei dem Pärchen auf Widersprüche und Lügen.

Mehr sollte über die Handlung von Michael Ramsauers "Mein Fleisch und Blut" nicht verraten werden, denn aus den Überraschungen und Wendungen, mit denen der gebürtige Bayer aufwartet, bezieht dieser Psychothriller seine Spannung. Lässt sich Ramsauer zunächst Zeit für die Schilderung des Beziehungsgefüges und den Zuschauer in seinen Sympathien schwanken, so treibt er anschließend die Handlung zügig voran.

Sicher führt der 44-Jährige dank seines sorgfältig aufgebauten Drehbuchs die einzelnen Teile zusammen, bringt vier Morde ins Spiel - ohne dass man auch nur einen sehen müsste, und lässt den psychologischen Thrill im Finale schließlich in physische Gewalt kippen.

Martin - bestechend ambivalent gezeichnet

Das Genre erfindet Ramsauer mit seinem Langfilmdebüt zwar nicht neu, spielt aber zweifellos sehr gekonnt auf dessen Klaviatur. Knapp sind die Dialoge, präzise die Bildsprache. Auf Nebenfiguren wird verzichtet, ganz auf der Familie und dem Pärchen liegt der Fokus, sodass die Charaktere auch dank starker Schauspieler differenziert ausgelotet werden können. Bestechend ambivalent ist vor allem Martin gezeichnet, aus dessen Perspektive weitgehend erzählt wird.

Da dringt "Mein Fleisch und Blut" schließlich auch in familiäre Abgründe vor, macht deutlich, welch prägende Wirkung die Kindheit hat und lässt die Täter weniger als Verbrecher als vielmehr als bedauernswerte und tragische Opfer der Erziehung durch ihre Eltern erscheinen.

Mein Fleisch und Blut

A 2016. Regie: Michael Ramsauer. Mit Ursula Strauss, Andreas Kiendl. Lunafilm. 95 Min.

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