Ein exemplarischer Film

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Einmal mehr erweist sich das cinematografische Familienunternehmen Taviani (die Brüder Paolo und Vittorio zeichnen für Regie und Drehbuch verantwortlich, Sohn/Neffe Giuliano für die Musik) als Glücksfall fürs europäische Kino. Es mag ja sein, dass die Verwischung der Genre-Grenzen zwischen Spiel- und Dokumentarfilm zurzeit in Mode ist. Während aber Ulrich Seidl, der heimische Star dieser Grenzüberschreitung, sein Heil in der Überhöhung ins Artifizielle sucht, wollen die Tavianis ihre Herkunft aus dem Neorealismus nicht verleugnen. Auch "Cäsar muss sterben“, der Berlinale-Sieger 2012, setzt diese Tradition fort und zeigt, zu welcher Kraft die beiden über Achtzigjährigen imstande sind.

Diesmal erzählen sie Shakespeares Mord-Drama als Geschichte aus dem römischen Hochsicherheitsgefängnis Rebibbia. Die Kamera begleitet die Gefängnisinsassen - Mafiabosse, Mörder, gemeinhin "Schwerverbrecher“ genannt - beim Erarbeiten und Spielen von Shakespeare. Der Stoff ist bekannt und wird in der Darstellung in der in jeder Hinsicht extremen Lebenssituation ein Lehrstück besonderer Art, die nicht nur das Zeitlose des Dramas im Blick hat, sondern die Wandlung, die die Auseinandersetzung damit für Gefängnisinsassen bedeutet: Was dem römischen Diktator in Shakespeare’scher Interpretation widerfährt und wie dieser Cäsar und seine Mörder sich gerieren, ist den Darstellern wirklich nicht fremd.

Formal setzen die Tavianis hier Schwarz-weiß als vorherrschenden Farbton ein, auch dies ein Stilmittel zu artifizieller Verfremdung, die gleichzeitig die ungeschminkte Tristesse dokumentiert, hinter der sich aber doch auch Wärme und Selbsterkenntnis verbergen können.

Ein spannendes Unterfangen, ein in vieler Hinsicht exemplarischer Film. (Otto Friedrich )

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