Werbung
Werbung
Werbung

In „Agora – Die Säulen des Himmels“ nimmt sich Regisseur Alejandro Amenábar der antiken Philosophin Hypatia an.

Die Geschichtsschreibung hat sie so gut wie vergessen, Hypatia, die von ca. 370 bis 415 in Alexandria lebte; keine ihrer Schriften ist überliefert. In Erinnerung ist die Philosophin, Mathematikerin und Astronomin in erster Linie ob ihrer Ermordung geblieben: ein Opfer religiöser und politischer Machtkämpfe; von fanatischen Christen getötet.

Alejandro Amenábar lässt fünf Jahre nach „Das Meer in mir“ ihre Historie aufleben, ihre Rolle als Märtyrerin der aufgeklärten Welt – für „Agora – Die Säulen des Himmels“, ein Lehrstück epischen Ausmaßes. Die Quellen sind nicht allzu breit gesät, als entsprechend spekulativ ist das Drehbuch zu bewerten.

Lehrstück epischen Ausmaßes

Amenábars Hypatia ist schön und weise, lehrt in der berühmten Bibliothek von Alexandria, ist in vielerlei Hinsicht eine moderne, emanzipierte Frau (ganz abgesehen davon, dass Frauen im öffentlichen Leben nicht „vorhanden“ waren); plumpen Annäherungsversuchen kontert sie mit aktionistischen Gesten, die Ehe interessiert sie nicht, ihre Liebe ist die Wissenschaft. Sie und ihre Schüler sind den elementaren Fragen unseres Seins auf der Spur, den Kräften, die den Kosmos regieren. Draußen herrscht ein rauer Tonfall; im zerfallenden Römischen Reich wächst der Einfluss des Christentums, naht ein neues Zeitalter. Die Gesellschaft ist geprägt von Intoleranz und Machtgier, von einem aufkeimenden Glaubenskrieg zwischen Christen und Heiden.

„Agora“ teilt sich in zwei Teile – bis zur Plünderung der Bibliothek der erste Teil, dann etwa zehn Jahre später in einer veränderten Gesellschaft: Hypatias Musterschüler ist zum Christentum konvertiert und zum Präfekten aufgestiegen, ihr einstiger Sklave und Schüler zählt zu den Parabolani. Hypatia, die Aufgeklärte, die Tolerante, kümmert sich ganz um die Wissenschaft, gerät aber in den Grabenkrieg, wird Opfer eines religiösen und politischen Machtkampfs, sie, eine starke, gebildete Frau in einer von Männern dominierten Welt. Patriarch Kyrill zieht die Fäden.

Alexandria – Ort der Toleranz

Glaubenskriege, ein Liebesdreieck oder zumindest die schmachtenden Blicke zweier Schüler, ein episches Historiendrama mit „Breaking News“-Touch; google-earth-artige Impressionen vom Himmel; jede Szene ist eine Aussage, Teil eines fast schon braven Konstruktes, in dem Emotionen nicht recht fruchten wollen und durch das Rachel Weisz, von einer fast mythischen Aura umgeben, wandelt. Das Christentum steht als Sinnbild, „Agora“ als Parabel über Intoleranz und fundamentalen Glauben. Dem unbedingten Glauben wird die Haltung eines Wissenschaftlers gegenübergestellt, der zu hinterfragen hat.

„Alexandria symbolisierte eine Zivilisation“, so Amenábar, „die langsam durch verschiedene Gruppen, vor allem religiöse Gruppen, zerstört wird.“ Und war zu dieser Zeit einer der kosmopolitischsten Orte. Umso allgemeingültiger und zeitgemäßer ist die Parabel zu deuten, angesichts einer Welt, in der religiöser Fanatismus jederzeit, allerorts zuschlagen kann, und die Frau weniger Wert ist als der Mann – wenn man nur an die hinkende Gleichberechtigungsdebatte denkt. Denn auch wenn die cineastische Reise führt ins Alexandria des vierten Jahrhunderts führt, so sind die Themen doch aktuell.

Agora – Die Säulen des Himmels

E 2009. Regie: Alejandro Amenábar. Mit Rachel Weisz, Max Minghella, Oscar Isaac.

Verleih: Tobis. 126 Min.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung