"Eine Pointe bedeutet nicht, Menschen zum Lachen zu bringen"

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Deutschsprachiges Kabarett driftet oft in seichte Comedy ab. In Salzburg legt man sich mit dem Motzart Kabarett Festival die Latte hoch. Und das Publikum weiß es zu schätzen.

Blödelei statt hintergründiger Satire, seichte Witze anstelle von verbalen Tiefgängen, oberflächliche Ansätze statt gesellschaftspolitischer Analysen kennzeichnen heute viele Kabarettauftritte im deutschsprachigen Raum. Vor allem, wenn sie dem Entertainmentfaktor im Fernsehen gerecht werden müssen. Eine Oase in dieser "Sahelzone des Humors" (Alfred Dorfer) bildet das Motzart Kabarett Festival in Salzburg, das jedes Jahr mit scharfen Pointen kritischer Geister aufwartet. Festival-Gründer Christian Wallner hält sich auch bei der heurigen 27. Auflage in der ARGEkultur an seine Grundphilosophie, die besten weiblichen und männlichen Vertreter der deutschsprachigen Kabarettszene mit ihren neuen Programmen einzuladen. Der jährliche Publikumsandrang beweist, dass man auch mit "intelligentem Humor" Veranstaltungshäuser voll bekommt. Die Hälfte der insgesamt zehn Abende ist bereits ausverkauft.

Verblüffen, bestärken oder trösten

Er ist bereits zum dritten Mal beim Motzart Festival dabei und Garant für hintergründiges, politisches Kabarett: "Scheibenwischer" Dieter Hildebrandt, der diesmal mit dem Literaten Roger Willemsen der "Weltgeschichte der Lüge" nachgeht. Und Hildebrandt bringt auf den Punkt, was der Maxime des Motzart Festivals entspricht: "Eine Pointe bedeutet nicht, Menschen direkt zum Lachen zu bringen. Das passiert manchmal und hoffentlich häufig, aber es ist nicht das Ziel. Das Ziel ist, etwas zu sagen, was jemanden verblüfft, bestärkt oder tröstet."

Dass kein Programm zweimal zu hören ist, kann als weiteres Qualitätsmerkmal des Salzburger Kabarett Festivals angesehen werden. So wird es auch heuer ausschließlich Salzburg-Premieren und teils sogar Österreich-Premieren geben, wie etwa jene des geistreichen Kapazunders Ottfried Fischer, der trotz Parkinson-Krankheit enorm aktiv ist und heuer mit seinem heimatkritischen Diskurs "Wo meine Sonne scheint" den Schlusspunkt des Festivals setzt. Als Erster von der Festival-Startrampe wird sich sein Namensvetter Tim Fischer aus Hamburg katapultieren. Mit Liedern des großen Georg Kreisler, die jener extra für Fischer geschrieben hat. Dessen "Gnadenlose Abrechnung" wird in Ö1 live übertragen.

Hoffnungsvolle Entdeckungen

Und noch etwas zeigt das Motzart Festival auf, das es prädestiniert, noch lange "am Leben" zu bleiben: Es ist kein Treffen müder Gaukler, sondern eines von Kabarettisten, die unabhängig von ihrem Alter immer am Puls der Zeit hängen und deren Programme vielfach ausgezeichnet wurden. So befindet sich in Wallners heuriger Auswahl mit der aus Dresden stammenden Anna Maria Scholz alias Annamateur (Trägerin des Deutschen Kleinkunstpreises 2008 und des Salzburger Stiers 2009) eine der positivsten Entdeckungen der vergangenen Jahre.

27. Motzart Kabarett Festival

30. Jänner bis 8. Februar. Tickets und Infos: 0662/848784, www.argekultur.at

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