Einen Jux will Palm sich machen

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Schauspielhaus, Graz

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Schauspielhaus, Graz

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Verhaltener Applaus für eine veränderte Inszenierung von Nestroys "Einen Jux will er sich machen" durch Kurt Palm in Graz; in die unmittelbarste Neuzeit gehoben, unter Weglassung aller Couplets ("Posse ohne Gesang"), mit Textzusätzen versehen, bot diese in aristophanischer Komödienmanier für jeden Geschmack etwas: Über derbe Possen (Hinternwackeln Zanglers), Angriffe auf die Regierung, Untergriffe auf den EU-Moloch Brüssel, bis über Anleihen bei Shakespeare (der Mondleuchter erinnert an die Personifizierung des Mondes im "Mitsommernachtstraum", die Mauerszene am Ende des 3. Aufzugs an "Romeo und Julia") spannt Palm das Netzwerk Nestroy'scher Geflechte.

Der Kommis Weinberl (Franz Solar) und der Lehrjunge Christopherl (Regina Schweighofer, oft zu überschwänglich, mit Gleichgewichtsproblemen) bieten dabei eine schwungvolle Darstellung mit erotischem Beiwerk, wenn auch nicht nach Nestroys Vorlage. Ein qualtingerhafter Melchior (Hommage an Hermes Phettberg?), gespielt von Franz Friedrich, überzeugt in der Rolle des Beobachters; das schnupfende Fräulein von Blumenblatt (Friederike von Stechow) agiert zwar zu exaltiert, aber in vergnüglicher Pose. Hervorzuheben Gerti Pall (Haushälterin Frau Getrud), die eine überzeugende Nestroyfigur darstellt und sich für weitere Engagements im Genre des Wiener Volkstheaters empfiehlt. Daniel Doujenis (August Sonders) möchte man dagegen im dunklen Wien lieber nicht begegnen, so ausdrucksstark verkörperte er seinen Part.

Fazit: Nicht Nestroy, sondern Palm war hier am Werk; eine provokante Inszenierung, ins 21. Jahrhundert übertragen auch durch das Bühnenbild von Renato Uz; wer "Kaisermühlenblues" fad findet, sollte sich ins Grazer Schauspielhaus bequemen.

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