Graz 2003: Henning Mankells "Butterfly Blues"Europa - Hoffnungsschimmer und Traumziel für viele aus der Dritten Welt; doch schnell erweist sich das vermeintliche Paradies als tückische Falle, kommt man ohne Identitätsnachweis, ohne Euro und mit mangelhaften Sprachkenntnissen im überbordenden Flüchtlingsboot an polizeibewachte Küsten. Von skrupellosen Schleppern ins Meer geworfen, gestrandet im Flüchtlingslager, sexuell ausgebeutet und in Bordelle verschachert, ohne Chance auf Arbeit in Kriminalität und Illegalität gedrängt, zerbrechen manche an der Realität menschlicher
Alan Ayckbourns "Spaß beiseite" am Grazer Schauspielhaus.Mitmenschen, die Erfolg, Glück und Reichtum scheinbar gepachtet haben, sind Gift für manches Selbstbewusstsein; vor allem dann, wenn das Ego bei sonntäglichen Einladungen in liebevolle und überbordende, aber krakenhafte Umarmungen gerät und dem Dasein dabei schonungslos der Spiegel der eigenen Mittelmäßigkeit vorgehalten wird: "Spaß beiseite", eines von rund 60 Stücken des vielgespielten Londoners Alan Ayckbourn, erzählt in einer Inszenierung von Schauspielhausdirektor Matthias Fontheim in vier Szenen die Geschichte einer
Avantgardistisches Osterfestival in Graz: "Word Sound".Begonnen haben wir vor zwei Jahren mit dieser Art von Crossover-Festivals', mit bildlicher Umsetzung von Musik Gerd Kührs, letztes Jahr mit der Verschmelzung von Texten Franzobels und Barockmusik von Bach", erzählt Holger Hütter. Der Bruder des Cellisten Erich Hütter zeichnet für das Grazer Osterfestival "Word Sound" verantwortlich, das sich der Symbiose von Literatur, Musik und Avantgarde verschrieben hat. Heuer wurde das Programm für drei Tage konzipiert, als Veranstalter fungieren die Grazer Autorenversammlung, das Institut für
Nestroys "Der alte Mann mit der jungen Frau" in Graz.Wenn ein Kabarettist vom Schlage eines Andreas Vitasek Nestroy inszeniert, ist doppelter Lacherfolg gesichert: gesehen bei Nestroys Volksstück "Der alte Mann mit der jungen Frau" in Graz, einer resignativ-komischen Reprise auf das Scheitern der 1848er Revolution, von Vitasek mit pointierten Sticheleien gegen heutiges Establishment durchsetzt. So mutiert ein kleiner Dienst zum "Kleindienst", "Kanzler" Graf Steinheim (Otto David) wird beim "richtige Sau"-Zitat ertappt, Bühnenkarikaturen zeigen "verfehlte" Ehen (zum Beispiel Riess-Passer und
schauspielhaus, grazEine Welt ohne Männer, dafür gleich fünf Schwestern, Mutter, Großmutter und Haushälterin in der Erstarrung des spanisch-ländlichen Bürgertums der Zwischenkriegszeit zeigt Volker Lösch in seiner Fassung von Federico Garcia Lorcas Frauentragödie "Bernarda Albas Haus". Ebendieses, ein kahler Kubus ohne Grün und Fenster, leer und trist (Bühne: Carola Reuter), wird dominiert von der Übermutter Bernarda Alba (Barbara Hammer), deren despotisches Regiment über Töchter und Mutter Maria Josefa (berührend: Margit Jautz) allein zur Aufrechterhaltung der Fassade von gutem
"Tintentod": Josef-Winkler-Uraufführung beim steirischen herbst.Homoerotik, mit einem guten Schuss bäuerlichem Kärntner Katholizismus, und verpasste Gelegenheiten zum Selbstmord mittels Kälberstrick sind die Dominanten der Uraufführung von Josef Winklers erstem Bühnenstück "Tintentod oder Du sollst Dein Wort halten" auf der Probebühne des Grazer Schauspielhauses. Bei dem Auftragswerk des steirischen herbstes erlebt das Publikum unter der Regie der jungen Norddeutschen Tina Lanik 150 Minuten lang schonungslos die Lebensgeschichte ("szenische Befragung") des Drautaler Autors.111 Fragen
Schauspielhaus, GrazAm Anfang pechschwarze Nacht, von irgendwoher tönen wiehernde Schlachtrosse im Wechsel mit zirpenden Zikaden: ein fremdes und unheimliches Land. Plötzlich unterbricht ein sanfter Lichtstrahl das Duster und gibt den Blick auf eine leere Bühne frei: Thomas Reicherts Inszenierung von Goethes "Iphigenie auf Tauris" benötigt nach klassisch-griechischem Vorbild nur die Szene als Rahmen, um die Wucht der Goetheschen Jamben voll zur Geltung zu bringen. Feinfühlige Lichtregie (Christoph Steffen) und anspruchslose Kostümierung (Rike Russig) unterstreichen die Urgewalt des
Der steirische herbst im Zeichen des Subjekts.Die Herausforderungen, die an der Schwelle dieses Jahrhunderts eine neue Sichtweise des "Ich", des Subjektes, postulieren, werden beim diesjährigen steirischen herbst unter der Intendanz von Peter Oswald energisch in Angriff genommen. Die dahinschnurrende Kulturmaschinerie, deren Repertoire bei Mozart beginnt und bei der Wiener Operette endet, passt ja allzugerne den Publikumsgeschmack an die Bedürfnisse einer weltweiten Kulturwirtschaft an; gespielt wird, was das finanzkräftige Publikum goutiert. Dass in diesem kulturellen Netzwerk erst eine
Molières "Der Bürger als Edelmann" in Graz in bester commedia dell'arte-Tradition.Nach Art eines Ninja-Kriegers schwingt sich der einäugige Fechtlehrer vom Schnürboden auf die Bühne herab, ohne Netz und doppelten Boden turnt ebenda ukrainisches Hauspersonal in gewagtesten Verrenkungen, aufgedonnerte Fräuleins schmettern halbfranzösische Chansons; hat sich der Zuseher in den Zirkus verirrt?Mitnichten; diese kleinen artistischen Einlagen und Gesangsstücke sind Teil der Ballett-Komödie "Der Bürger als Edelmann" frei nach Molière von Cornelia Crombholz. Mit ihrer kleinen - mehrere