Postkoloniale Traumata

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Graz 2003: Henning Mankells "Butterfly Blues"

Europa - Hoffnungsschimmer und Traumziel für viele aus der Dritten Welt; doch schnell erweist sich das vermeintliche Paradies als tückische Falle, kommt man ohne Identitätsnachweis, ohne Euro und mit mangelhaften Sprachkenntnissen im überbordenden Flüchtlingsboot an polizeibewachte Küsten. Von skrupellosen Schleppern ins Meer geworfen, gestrandet im Flüchtlingslager, sexuell ausgebeutet und in Bordelle verschachert, ohne Chance auf Arbeit in Kriminalität und Illegalität gedrängt, zerbrechen manche an der Realität menschlicher Gleichgültigkeit.

Henning Mankell, gebürtiger Schwede, der die Hälfte des Jahres im afrikanischen Mosambik lebt und mit den postkolonialen Traumata Afrikas somit aufs engste vertraut ist, inszeniert in seinem Stück "Butterfly Blues", einer Koproduktion des Grazer Schauspielhauses, Graz 2003 und des Teatro Avenida in Maputo, die Geschichte eines unbeugsamen Überlebenswillens. Die junge Flüchtlingswaise Ana (Lucrécia Paco) meistert mit erstaunlichem Talent alle Enttäuschungen, mit denen sie durch das Duo Johannes Lang und Stefan Maaß (beide in wechselnden, leider oft kurzen Rollen als Schlepper, Wächter, Mitmenschen oder zornige Bürger) konfrontiert wird; in schnell wechselnden Szenen durchhastet man den Reigen menschlicher Enttäuschungen, manchmal mit etwas zuviel Pathos, manchmal mit berührenden Momenten unter polyglotten Wortkaskaden. Inmitten einer Kofferwüste mit angeschwemmtem Schuhwerk und buntem Dreieckssegel agieren die Darsteller schwungvoll zu afrikanischen Klängen in farbenfrohem Gepränge (Bühne und Kostüme: Gabi Mai, Manuela Soeiro); neben Ana auch ihre Freundin Sara (Graça Silva), besonders bemüht um Interaktion zwischen Darstellerin und Publikum. Und das Grazer Publikum ließ sich beeindrucken.

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