Surreale Schwesternspiele

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schauspielhaus, graz

Eine Welt ohne Männer, dafür gleich fünf Schwestern, Mutter, Großmutter und Haushälterin in der Erstarrung des spanisch-ländlichen Bürgertums der Zwischenkriegszeit zeigt Volker Lösch in seiner Fassung von Federico Garcia Lorcas Frauentragödie "Bernarda Albas Haus". Ebendieses, ein kahler Kubus ohne Grün und Fenster, leer und trist (Bühne: Carola Reuter), wird dominiert von der Übermutter Bernarda Alba (Barbara Hammer), deren despotisches Regiment über Töchter und Mutter Maria Josefa (berührend: Margit Jautz) allein zur Aufrechterhaltung der Fassade von gutem Ruf und Familienglück in der engen Welt des Dorfes dient, wo reiche Mitgift erwünscht aber keine moralische Verfehlung erlaubt ist.

Doch Tochter um Tochter verfällt dem Begehren nach Manneskraft; erst die älteste, Angustias, deren Ringen um die letzte Chance auf bürgerliche Heirat Frederike von Stechow eindringlich wiedergibt, dann Martirio in ihrem autistischem Zorn (ausdrucksstark: Regina Schweighofer), Amelia und Magdalena (Nadja Brachvogel und Birgit Schwamberger), schließlich Adela (opulent Susanne Weber), die ihr Begehren erfüllt und dafür durch die Hand von Mutter und Schwestern mit dem Leben bezahlt.

Gewohnt drastisch inszeniert Lösch, wenn ein Schwall Blutes über die befleckte Adela sich ergießt, die Darsteller literweise Wasser auf die Bühne kübeln, ein Gartenschlauch reinigende Wasserspiele ermöglicht; ein (leerer) Kübel landet sogar im Publikum. Den Darstellern wird ein Höchstmaß an Kraft unter schwierigsten Bedingungen abverlangt, manchmal auf Kosten der Sprechtechnik: hier nimmt man Barbara Hammer den Despotismus ihrer Rolle nicht ab, indes Friederike Bellstedt (Haushälterin La Poncia) ausdrucksvolle Darstellung mit sprachlicher Subtilität vereinigen kann.

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