Existenzkampf als Komödie

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Schauspielhaus, Graz

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Schauspielhaus, Graz

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Darf man über das Grauen der NS-Herrschaft lachen? Nur bedingt; zumindest über die Lächerlichkeit einer barbarischen und aus heutiger Sicht grotesken Ideologie, die 1939 die bitterste und dunkelste Epoche der Geschichte Polens einleitete.

Jürgen Hofmanns "Noch ist Polen nicht verloren", in einer Inszenierung von Cornelia Crombholz, umgearbeitet nach der grandiosen filmischen Vorlage "Sein oder Nichtsein" von Ernst Lubitsch (1942), zeigt den Bühnenalltag eines Posener Provinztheaterensembles, das - in die Wirren der deutschen Besatzung und des polnischen Widerstandes verstrickt - plötzlich um sein Leben Theater zu spielen gezwungen ist.

Schauspielerische Glanzleistungen und pointierte Bühnenbilder (Florian Parbs) sorgen für einen humorvollen Theaterabend: Georg Preetz (Josef Tura) bietet mit ausdrucksvoller Gestik ein Potpourri an überzeugenden Rollen; Friederike Bellstedt (Maria Tura) steht ihrem Bühnengatten als erotische Femme fatale und polnische Mata Hari um nichts nach. Einen "liebenswürdigen" Gestapo-Mitarbeiter gibt Arthur Werner (Professor Siletzky), der Einblicke in die schwarze Seele des "netten Nachbarn von nebenan" gewährt; SS-Gruppenführer Erhard (Gerhard Balluch), jetzt mit cholerischem "Heil Hitler"-Gebrüll, könnte Jahre vorher noch der gutmütige Fleischer um die Ecke gewesen sein. Barbara Hammer (Souffleuse Magdalenchen) und Franz Solar (Bronski) sorgen mit nahezu polnischem Witz dafür, dass es so ernst dann doch nicht zugeht.

Der Zuschauer erlebt diesen Existenzkampf als Slapstick-Komödie, in welcher der Umgang mit NS-Verbrechen Routine geworden ist. Wer schärfer hinsieht, wird das Stück dennoch als gelungene Ironie entdecken, zu Recht mit reichem Applaus bedacht.

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