Hitlergruß mit Totenkopf

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"Noch ist Polen nicht verloren" nach dem Film von Ernst Lubitsch in Klagenfurt und am Wiener Metropol.

Von "Hamlet" haben die Schauspieler des Stadttheaters Posen eigentlich genug, ein neues Stück soll auf den Spielplan: ein Anti-Nazi-Stück, denn noch ist Polen nicht besetzt, auch wenn die Schauspielerin Maria Tura, die ihre Shakespearsche "Königinmutter" ernst und ihre Treue als Ehefrau von Josef Tura locker nimmt, schreckliche Ahnungen befallen. Mitten in die Proben platzt die echte Gestapo, und von nun an heißt es nur mehr "Sein oder Nichtsein", auf der Bühne wie im echten Leben. Der polnische Untergrund gerät zunehmend in Gefahr, und die Truppe in den Strudel der Verkehrungen von realer Darstellung und dargestellter Realität. Worthülsen aus dem Stück werden zu Versatzstücken in der Wirklichkeit, alles verschränkt sich ineinander. Nazidiktion und -perversion werden der Lächerlichkeit preisgegeben und gleichzeitig wird ihre grauenhafte Gefährlichkeit sichtbar. Was ist noch Wahrheit und was Spiel, was ist Widerstand und was Schmierenkomödie, wo liegt der Unterschied zwischen Anpassung und Täuschung? Lachen und drohende Katastrophe, Sein oder Nichtsein, Sein und Schein: die Requisitenkammer wird zum Ort, der die paradoxerweise rettenden Naziuniformen bereit hält, die Schauspieltalente wachsen mit der Entfernung von der Bühne.

"Sein oder nicht sein", genüsslich ein paar Mal zu oft und zu breit variiert, wird dem Schauspieler Josef Tura auch zum privaten Verhängnis. Denn sooft er den Hamlet-Monolog beginnt, erhebt sich in der dritten Reihe links ein junger Fliegeroffizier und eilt hinaus - in die Garderobe zu Maria Tura.

Zwischen dem Anti-Nazi-Stück und "Hamlet" liegt für die drittklassige Schauspieltruppe die wirklich geniale Inszenierung zur Flucht nach England, während die SS-Chargen nicht einmal ihre Phrasen beherrschen. Michael Schottenberg hat ein sehr spannendes und witziges, abgründiges und schwungvolles Geschehen geschaffen, in dem Heribert Sasse und Maria Bill als Josef und Maria Tura, abendfüllend und wunderbar, alle angedeuteten Nischen ausloten.

Das Stück mit dem dreifachen Boden begann in Hollywood 1942 als Propagandafilm gegen die Nazis und klassische Dreiecksgeschichte vor dem Hintergrund der Besetzung Polens. Ernst Lubitsch konnte eine Idee von Melchior Lengyel aufbereiten und kündigte das "Lustspiel einer Tragödie" an. Das Ergebnis war eine der berühmtesten Komödien Hollywoods, als Maria Tura brillierte Carole Lombard - es war ihre letzte Rolle vor einem tödlichen Flugzeugabsturz. Lubitsch selbst sah den Film als "böse Satire über Schauspieler, Nazi-Geist und bösen Nazi-Humor". Der elegante Humor Ernst Lubitschs erfuhr eine weitere satirische Ausformung in dem Film "Sein oder Nichtsein" 1983 mit Mel Brooks, Anne Bancroft und José Ferrer unter der Regie von Alan Johnson.

Die bereits dritte Bombendrohung in der Intendanz von Michael Pflegerl nahm das Publikum bei der Premiere in Klagenfurt übrigens gelassen.

"Noch ist Polen nicht verloren" läuft bis Ende März in Klagenfurt und ist im Wiener Metropol zwischen 23. April und 28. Mai 25-mal zu sehen.

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