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Erfolglose Polizei

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In dem Augenblick, da sich die kanadische Regierung entschließt, starke militärische Einheiten aus Quebec zurückzuziehen, muß die Belle Province eine neue Terrorwelle der FLQ erwarten. Das erklärt Ottawas Zögern, sich zu dieser Maßnahme zu entschließen — ebenso die Warnung von Premierminister Pierre Trudeau, daß Kanada mit weiteren Gewaltakten rechnen müsse.

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In dem Augenblick, da sich die kanadische Regierung entschließt, starke militärische Einheiten aus Quebec zurückzuziehen, muß die Belle Province eine neue Terrorwelle der FLQ erwarten. Das erklärt Ottawas Zögern, sich zu dieser Maßnahme zu entschließen — ebenso die Warnung von Premierminister Pierre Trudeau, daß Kanada mit weiteren Gewaltakten rechnen müsse.

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Das anfängliche Versagen der Staatspolizei (Royal Canadian Mounted Police), der Gendarmerie Quebecs und der Stadtpolizei von Montreal, die Menschenräuber und Mörder zu fassen, führte zur Aussetzung hoher Prämien; dann erst stellten sich Erfolge ein. Es gibt verschiedene Erklärungen für das Versagen der Sicherheitsbehörden. Während es der Polizei nicht gelang, Zellen der FLQ zu infiltrieren, weil diese als „Aufnahmegebühr“ für neue Mitglieder die VerÜbung eines Terroraktes for-terten, wird behauptet, daß es der FLQ gelang, manche Polizeieinheiten zu infiltrieren.

Quebecs Zukunft ist heute so ungewiß wie vor der Ermordung des Arbeitsrninisters Pierre Laporte und dem Kidnapping des britischen Diplomaten James Cross — und vor der Proklamierung des Kriegsrechtes. Montreals „Le Devoir“, die einflußreichste Zeitung Quebecs, hat behauptet, daß „mehr gute Köpfe flür die Separatisten arbeiten als für jede andere Partei.“

Unter den profiliertesten Angeklagten, die sich nun vor Gericht verantworten müssen, befinden sich vorbestrafte FLQ-Terroristen wie Charles Gagnon, vordem Professor an der Universität Montreal, und der Schriftsteller Pierre Vallieres, Autor des vielzitierten Buches über die Quebecer, „Nordamerikas weiße Neger“; Jacques Larue-Langlois, Produzent des staatlichen Sendernetzes der Canadian Broadcasting Corporation und der junge Anwalt Robert Lemieux. Kennzeichnend für die Lage in Quebec ist die Tatsache, daß di- wegen „conspiracy“ (Verschwörung) Angeklagten nicht im Gerichtssaal, sondern in einem Zimmer des Hauptquartiers der Quebec Provincial Police —das von schwerbewaffneten Truppen geschützt wurde — vor dem Richter stehen.

Kein anderer Quebecer Journalist erfreut sich eines so hohen Prestiges wie Claude Ryan, Chefredakteur von Montreals ,Le Devoir“. Wohl unterstützt er bei den letzten Wahlen die von Robert Bourassa geführten Quebecer Liberalen, doch er glaubt heute nicht, daß die Regierung Bourassa eine neue, schwere Krise überstehen könnte.

Ea entbehrt nicht einer politischen Pikanterie, daß die vorbestraften FLQ-Terroristen Oharies Gag-non, vordem Universitätsprofessor in Montreal, und Pierra Vallieres, ein vielversprechender Schriftsteller, einst der Redaktion der Zeitschrift „Cite Litore“ angehörten, die kein Geringerer als Premierminister Pierre Trudeau vor 20 Jahren gegründet hat...

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