Erinnerung an den Sommer

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#Dann war das schlechte Wetter da.# Seit vielen Jahren ein Favorit in meinem Ranking der schönsten literarischen Einstiegssätze. Ernest Hemingway, #Paris # ein Fest fürs Leben#. Diese Plötzlichkeit der Zäsur, das Neue des Herbstbeginns # bei Hemingway klingt #schlechtes Wetter# wie der verheißungsvolle Bote einer Zeit voller Freuden.

An einem Tag wie dem letzten Samstag, eben noch sind wir im Hemd flaniert, jetzt kann man das Auto kaum durch den Regensturm steuern, an einem solchen Tag denke ich an Hemingways Satz als einen Auftakt. #Nachts mussten wir die Fenster wegen des Regens schließen, und der kalte Wind blies die Blätter von den Bäumen der Place Contrescarpe.# Soeben war noch Sommer, und nun ist das schlechte Wetter da. Ein Sommer ist Erinnerung. #Heute scheinen wir keine stärkere, schmerzlichere Sehnsucht zu kennen als die, die Tage und Nächte jenes Sommers in uns lebendig zu erhalten.# Christa Wolf, #Sommerstück#.

Sommer 2010. Kannst du dich erinnern, wie wir an den See gefahren sind und die Badestelle gefunden haben, an der niemand außer uns war? Wie es so heiß war, dass wir nicht schlafen konnten?

Wieder ein Sommer ist Erinnerung. Besteht Erinnerung über die Jahre hinweg nicht ganz wesentlich aus dem Archivieren von Sommern? Aus dem Sammeln und Bewahren von Momentaufnahmen, von Bildern? Einmal ausprobieren, den Herbst so zu erleben wie einen Sommer. #Jetzt! schrie alles uns an. Wie ein Hetzruf, der einem ins Blut geht: Jetzt! Jetzt!# (Christa Wolf). Jetzt ist auch jetzt. Im Regensturm. Das Bild behalten für später, um sich an diesen Herbstbeginn zu erinnern. Der kalte Wind blies die Blätter von den Bäumen der Hietzinger Hauptstraße. Als ich zum Auto kam, musste ich die Blätter von der Windschutzscheibe ablösen, die sich wasserschwer unter den Armen der Scheibenwischer verfangen hatten.

* Die Autorin ist Direktorin des Lentos Kunstmuseum Linz

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