Eskapismus in den Tod und doch lebensbejahend

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François Ozon kehrt nach seiner Komödie "Das Schmuckstück“ mit "Rückkehr ans Meer“ wieder in dramatische Gefielde zurück.

François Ozon ist nach seiner Komödie "Das Schmuckstück“ mit "Rückkehr ans Meer“ wieder beim Drama angekommen. Zeitlich vor "Das Schmuckstück“ gedreht, ist es eine Art Gegenstück zu dieser Komödie - hier die Heiterkeit von Lebensturbulenzen, dort der durch diese Turbulenzen verursachte Absturz. Ozon erzählt von dem jungen, drogenabhängigen Paar Mousse (Isabel Carré) und Louis (Melvil Poupaud). Die beiden konsumieren Unmengen an Drogen, ihr wohlhabendes Dasein hat sie zu Junkies gemacht, Junkies der Langeweile. Der intensive Kick der gespritzten Droge Heroin kostet Louis eines Tages das Leben, während Mousse die Überdosis nur um Haaresbreite überlebt.

Im Krankenhaus erfährt Mousse, dass sie schwanger ist. Sie verlässt in Verzweiflung Paris und zieht sich in ein Haus am Meer an der baskischen Atlantikküste zurück. In diesem Refugium will sie sich selbst wieder finden und ihrem Kind ein Leben ermöglichen. Ohne Drogen.

Einige Monate später besucht Louis’ Bruder Paul (Louis-Ronan Choisy) sie auf dem Weg nach Spanien in ihrem Haus am Meer. Nach kurzer Zeit gibt es eine intensive Annäherung der beiden, ohne dass sie zu wissen scheinen, woher die Anziehung rührt. Es ist das Zusammenkrallen von verlorenen Seelen, die außer einer Depression nichts gemein haben. Mousse wird das Kind ihres toten Liebhabers Louis zur Welt bringen und es Louise taufen. Es ist das Bindeglied zwischen dem Leben und dem Tod.

François Ozon siedelt sein Drama nicht bei sozial Schwachen an, so wie das in Drogenfilmen häufig geschieht. Bei Ozon sind es zwei Menschen, die keinerlei soziale Probleme haben. Die Droge erfüllt für sie jedoch denselben Zweck wie bei den Junkies auf der Straße: Sie bietet eine Flucht in einen Zustand, der mit dem Alltag nichts mehr gemein hat. Sie bietet einen Eskapismus in den Tod, auf Raten.

"Rückkehr ans Meer“ ist aber nicht bloß eine dramatische Auseinandersetzung mit dem Tod. Der Film feiert das Leben, weil er mit großer visueller Sinnlichkeit die Menschwerdung im Mutterleib illustriert; das neue Leben im Körper von Schauspielerin Isabel Carré, die bei den Dreharbeiten tatsächlich schwanger war, ist in jeder ihrer feinsinnigen Gesten spürbar. Hier entdeckt eine Frau das Wunder des Lebens, sie muss es gar nicht spielen.

Rückkehr ans Meer (Le réfuge)

F 2009. Regie: François Ozon Mit: Isabelle Carré, Louis-Ronan Choisy, Melvil Poupaud. Filmladen. 88 Min.

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