Essen als politischer und moralischer Akt

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Ehe am 24. Dezember das erste große Fressen des Winters beginnt, irren wir(!) Mitteleuropäer gerne von Konsum zu Rausch und umgekehrt. Der Adventwahlspruch lautet wie jedes Jahr: "Gestresst wirken und beim Punschstand sein“. Die Stunden zwischen Vorweihnachtsstress und der religiös konnotierten Konsum- und Kalorienorgie versinkt der gelernte Österreicher in der entspannenden, ewig gleichen Sensation, dass wir(!) bei "Licht ins Dunkel“ schon wieder Spendenweltmeister geworden sind. Vor lauter karitativer Glückseligkeit wird dabei alljährlich die Frage vergessen, warum in einem der reichsten Länder der Welt überhaupt Menschen Not leiden müssen. Egal. Widmen wir(!) uns lieber dem zweitwichtigsten Element des Weihnachtsfestes: dem Mahle. Wer diskutiert noch über die Zusammensetzungen der verschiedenen Menüfolgen und wer verspeist seit Jahren die gleichen Gerichte?

Ich bin’s, Ihr Börserl …

Was auch immer auf den Tisch kommt, folgt jedenfalls der Logik, dass es immer billiger werden muss. Alltägliche Zutaten wie Mehl, Zucker oder Eier entlasten laufend das Haushaltsbuch. Um das zu erfahren, benötigt man keine sprechende Geldbörse. Naturgemäß können deswegen jene Menschen, die unter sklavenartigen Bedingungen Tomaten in Spanien oder Kaffee in Brasilien ernten, immer weniger Geld verdienen. Irgendjemand muss uns(!) schließlich die billigen Weihnachtsfressorgien ermöglichen.

Der deutsche Philosoph Harald Lemke hat ein bemerkenswertes Buch namens "Politik des Essens“ geschrieben, das unser(!) Konsum- und Essverhalten als politischen und moralischen Akt analysiert. Dieses Buch liegt sicher gut unter einem Weihnachtsbaum. Abgesehen davon ist der bedachte Griff zum Fair Trade-, Bio- oder lokalen Lebensmittel genau so ein Licht ins Dunkel wie so manche Spende.

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