Ewig lockt das liebe Geld

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Die Urfassung des Nestroy-Stücks "Zu ebener Erd und erster Stock" am Burgtheater.

Z u ebener Erde und erster Stock" oder "Die Launen des Glücks": In Anselm Webers Inszenierung am Burgtheater brilliert Nicholas Ofczarek als Johann, ein wendiger, selbstgefälliger Betrüger mit schwarzer Designerbrille. Seinen kongenialen Gegenpart findet er zu ebener Erde im strizzihaft-charmanten Damian Stutzel des Cornelius Obonya. In einer der schönsten Szenen dieses Abends treten die beiden gegeneinander an, um die Herzensdame des jeweils anderen zu erobern (Regina Fritsch als Kammerzofe Fanny und Maria Happel sehr kokett als Salerl).

Am 24. September 1835 wurde das Stück im Theater an der Wien uraufgeführt - Nestroy selbst schlüpfte damals in die Rolle des Dieners Johann, der seinen reichen Herrn nach Strich und Faden betrügt, um dann das erschlichene Kapital zu Höchstzinsen gleich wieder bei ihm anzulegen.

Im Burgtheater spielt man nun die Urfassung, beinahe ohne Striche und unbearbeitet, eine dem 21. Jahrhundert gemäße Aktualisierung von "Zu ebener Erde und erster Stock" hat Anselm Weber den Ausstattern überlassen. Hermann Feuchters Simultanbühne zeigt eine Beletage mit verschiebbaren Fototapeten, in der Herr von Goldfuchs (Peter Simonischek in seinem Nestroy-Debüt am Burgtheater) in prächtigem Schönbrunnerdeutsch per Handy launig zum Rokokofest einlädt - ein schöner Kunstgriff, der die dramaturgisch notwendigen Verwechslungen mit Perücken, Livrees und Seidenröcken ermöglicht. Zunächst aber trägt der Hausherr Boxershorts und Bademantel, das Kammermädchen Chanel (Kostüme: Gesine Völlm). Im Parterre haust Ehepaar Schlucker (Sylvia Lukan und Branko Samarovski) mit zahlreichen Kindern und Verwandten - die Regale sind aus Bananenschachteln gebastelt, die pekuniäre Tristesse wird durch die geschmackliche widergespiegelt.

Die Geschichte nimmt ihren bekannten Lauf, durch allerlei Wendungen des Glücks werden die armen Schlucker reich und Herr von Goldfuchs bankrott, man tauscht die Wohnungen, die nun arme Tochter Emilie (Stefanie Dvorak) muss weder Hausbesitzer Zins noch den französischen Galan Bonbon (beinahe unkenntlich: Johannes Terne) heiraten, sondern bekommt den Neo-Millionär Adolf. Alles löst sich in Wohlgefallen auf, umso mehr, als für das Happy End eine ältere Stückfassung variiert wird, wonach Hausherr Zins (Robert Meyer) Teile des Goldfuchs-schen Vermögens gerettet hat.

Das Schlussbild zeigt alle Protagonisten beim Chorgesang - die Lieder werden mit dem Originaltext gesungen, allerdings konterkariert durch die Livemusik von Otto Lechner, Karl Ritter und Georg Graf. Auf Zeitbezüge und tagespolitische Anspielungen wurde gänzlich verzichtet - dieser Nestroy wird "vom Blatt" gespielt, trocken, pur und präzise, witzig, mit angenehm wenig Klamauk, aber auch ohne Schärfe.

Wer sowas mag, wird diesen Abend lieben.

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