Fanatiker sind freundliche Leute

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Fanatiker sind, nach Amos Oz, freundliche Leute. Sie wollen nur dein Bestes, auch wenn sie dich ins Jenseits befördern. Es geht um dein Seelenheil und natürlich um die höhere Ehre Gottes. Die Inquisitoren waren davon überzeugt, die Terroristen sind es immer noch.

Die Anschläge in London waren wenige Tage alt, von den Terrortoten im Irak gar nicht zu reden, da gab es im steirischen Stift Vorau die alljährliche Bibelwoche. Das Thema war aktuell: die Apokalypse. Unglaublich, mit welcher Schadenfreude die Frommen in weißen Gewändern zuschauen, wenn ihre Feinde umkommen, verbluten und verbrannt werden. Die Frommen freuen sich, wie ihre Peiniger in allerhöchstem Auftrag gepeinigt werden.

Fanatiker sind freundliche Leute. Am liebsten machen sie sich die Hände nicht schmutzig, und tatsächlich agieren sie in der Apokalypse nach dem Satz: Mein ist die Rache, spricht der Herr. Aber die Versuchung liegt nahe, nicht einfach abzuwarten. Gott lässt sich mit dem Endgericht zu lange Zeit. Aufrechte Muslime oder Christen haben doch wohl die Pflicht, selbst im Namen Gottes zu handeln. Heilige Väter aller Glaubensrichtungen haben sich immer berechtigt gefühlt, zu "heiligen Kriegen" oder Kreuzzügen aufzurufen.

Aus Selbstlosigkeit selbstverständlich. Sie denken nicht an sich. Sie wissen, was für dich das Beste ist, wie du leben sollst, wie du dich anzuziehen hast, was du im Beruf, auf der Straße und im Bett tun darfst und was nicht. Es geht nur um dich. Um dich vor Schlimmem zu bewahren, muss auch der Tod in Kauf genommen werden. Fanatiker, wenn sie religiös sind, glauben ja an das Jenseits. Der Glaube, sagte Terry Jones von den Monty Pythons am Ende seines Films über die Kreuzzüge, soll dem Menschen in einer unsicheren Welt Sicherheit geben; aber manche werden davon so sicher, dass sie über Leichen gehen.

Der Autor ist freier Journalist.

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