"Fantasie läuft auf Hochtouren"

19451960198020002020

Steven Spielberg verarbeitet in seinem neuesten Film "BFG" eine Geschichte von Roald Dahl. Der US-Regisseur über seine kindlichen Albträume und das permanente Jucken, kreativ zu werden.

19451960198020002020

Steven Spielberg verarbeitet in seinem neuesten Film "BFG" eine Geschichte von Roald Dahl. Der US-Regisseur über seine kindlichen Albträume und das permanente Jucken, kreativ zu werden.

Werbung
Werbung
Werbung

Die Geschichten von Roald Dahl sind wahre Fantasieorgien für die jugendlichen Leser; da macht auch "BFG" (für: "Big Friendly Giant", deutscher Romantitel: "Sophiechen und der Riese") keine Ausnahme: Der Kosmos der Geschichte wurde von der inzwischen verstorbenen Drehbuchautorin und langjährigen Spielberg-Weggefährtin Melissa Mathison in einem wohl austarierten Script für den Film übersetzt, in dem sich alles um ein Waisenmädchen (Ruby Barnhill) dreht, das von einem Riesen entführt wird. Der Riese ist gar nicht so gemein wie befürchtet, sondern entpuppt sich als freundlicher Zeitgenosse, der den schlafenden Kindern schöne Träume in ihre Zimmer pustet.

Leider ist Spielbergs Umsetzung des Scripts ein wenig holprig, was augenscheinlich mit den Spezialeffekten zu tun hat: Der via Motion-Capturing zum Leben erweckte Riese, der die Mimik von Mark Rylance trägt, erscheint in der Mischung mit der realen Welt nicht organisch genug. "The BFG" wirkt dadurch etwas fahrig, für Kinder gibt es aber dennoch ausreichend zu staunen.

Die Furche: Mister Spielberg, der Riese in "BFG" bringt kleinen Kindern schöne Träume. Wovon haben Sie denn als Bub geträumt?

Steven Spielberg: Als kleiner Bub hatte ich andauernd furchterregende Albträume. Meine Eltern waren ratlos, was sie mit mir anstellen sollten. Sie brachten mich zum Arzt, der auch nicht wusste, wieso ich nachts schreiend aus dem Schlaf hochschreckte. Die einzig guten Träume waren die vom Fliegen. Aber sonst hat mich meine Fantasie verroht, ich konnte sie nicht kontrollieren. Es war nicht so, dass ich schizophren gewesen wäre, sondern meine Fantasie war so extrem ausgeprägt. Die Furche: Und heute?

Spielberg: Meine Fantasie arbeitet immer noch auf Hochtouren! Nur habe ich zum Glück keine Albträume mehr.

Die Furche: Sie schlafen also besser?

Spielberg: Wenn man älter wird, braucht man weniger Schlaf. Wenn ich Regie führe, dann schlafe ich fünf Stunden pro Nacht, wenn ich nicht arbeite, vielleicht sechs.

Die Furche: Sie werden Ende des Jahres 70. Warum arbeiten Sie immer noch so viel?

Spielberg: Für mich ist das Filmemachen keine Arbeit. Wäre es das, würde ich es nicht machen. Für mich ist es ein Hobby, ein Geschenk und eine große Freude. Ein Privileg, für das ich sehr dankbar bin. Natürlich: Wir arbeiten alle hart und der Job ist unglaublich anstrengend, aber ich würde diese Tätigkeit nicht unter dem Begriff "Arbeit" sehen. Es ist wie eine kreative Notwendigkeit, diesen Beruf auszuüben, wie ein permanentes Jucken auf dem Rücken, das ich mit den Händen nicht erreichen kann und das mich antreibt.

Die Furche: Es gibt in Ihrer Filmografie einerseits Fantasy-Blockbuster, andererseits ernsthafte Dramen. Brauchen Sie die Abwechslung?

Spielberg: Ich habe keinerlei Plan, was meine Karriere betrifft. Ich setze keine bewussten Kontrapunkte zu dem, was ich zuletzt gemacht habe. Ich treffe meine Entscheidungen nicht nach dem Motto: zuerst einen Film für die ganze Familie, danach einen für eine bessere Gesellschaft. Alles, was ich für die Gesellschaft tue, mache ich privat zusammen mit meiner Frau. Aber in meiner Kunst suche ich nicht nach einer Balance.

Die Furche: Oft sind Kinder die Stars Ihrer Filme. Was ist das Geheimnis in der Zusammenarbeit mit Kindern?

Spielberg: Das Geheimnis ist, dass ich Kinder am Set nicht von oben herab behandle, sondern auf Augenhöhe. Ich nehme sie als vollwertige Menschen ernst. Ich erinnere mich an die Dreharbeiten zu "E.T."(1982), als mir meine Drehbuchautorin Melissa Mathison zuflüsterte, ich solle mit Drew Barrymore nicht stehend sprechen, sondern mich zu ihr niederknien, um auf ihrem Körperniveau mit ihr zu sprechen. Diesen Ratschlag befolge ich nun, wenn ich mit Kindern drehe. Alles muss auf ihrem Level stattfinden.

BFG - Big Friendly Giant (The BFG)

USA 2016. Regie: Steven Spielberg. Mit Mark Rylance, Ruby Barnhill. Constantin. 117 Min.

Das Gespräch führte Matthias Greuling

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung