Franzobel auf Lessings Spuren

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Der neue Linzer Intendant begann die Saison mit einer Franzobel-Uraufführung und Kleist.

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Der neue Linzer Intendant begann die Saison mit einer Franzobel-Uraufführung und Kleist.

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Zugleich mit dem Beginn der Spielzeit 1998/99 des Linzer Landestheaters begann auch die Ära der Intendanz Michael Klügl. Zum Auftakt wurde im "Eisenhand", einem ehemaligen Kino und von Carla Degenhardt (Bühne) optimal genutzten Raum, "Nathans Dackel oder Die Geradebiegung der Ring-Parabel" des Oberösterreichers Franzobel uraufgeführt. Zu Lessings "Nathan" steht Franzobels sprachspielerische Satire - sie ist in einer übervölkerten, grotesken und mit gefährlichen Mechanismen strukturierten zukünftigen Welt mit durchaus heutiger Fremdenfeindlichkeit angesiedelt - lediglich durch Lessings Geist der Toleranz, durch die Schlüsselfigur "Hans Nat" (aha!) und die Ring-Prabel als Thema mit mehreren Variationen in Beziehung.

Der griffigen Regie von Gerhard Willert, der sein Ensemble zu bemerkenswerten künstlerischen und gymnastischen Leistungen führte, gelang es, das textlich sperrige und gegen Ende etwas langatmige Stück mit kabarettistischen Akzenten (Musik: Christoph Coburger) höchst unterhaltsam umzusetzen. Stellvertretend für alle Mitwirkenden sei der rhetorisch wie artistisch großartige Stefan Matousch als Hans Nat genannt, der von einem Minibalkon herab die diversen Ring-Parabeln ins Publikum schleuderte. Und der Dackel? Maxi alias "Witz" alias "Winzer" überlebt alles: Vernaderei, Tod und Revolution!

Die zweite Premiere gab es mit Heinrich von Kleists "Amphitryon" in den Kammerspielen. In der glänzenden Inszenierung von Sabine Loew, deren Intentionen die Darsteller präzise folgten, ging das Lustspiel nach Moliere klug gestrafft, mit zahlreichen witzigen und effektvollen Regieeinfällen aufgeputzt, als sinnliches Vergnügen über die beeindruckend schlichte und klare Bühne von Andrea Uhmann.

Die beiden Amphitryonen spielten Marek Helsner (Jupiter) und Hanno Dinger in olympischer Designermode. Der artistische Vasilij Sotke gab dem Merkur in der Gestalt des Sosias kalte und brutale Züge; Bettina Buchholz ging ganz in der Rolle der getäuschten Alkmene auf, alle Stufen ihres Glückes und ihrer Verunsicherung durchlaufend. Sven-Christian Habich und Verena Koch begeisterten als herrlich komisches Ehepaar Sosias und Charis. Der Tupfen auf dem i war die natürliche, wortdeutliche Sprache der Schauspieler.

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