Gelehrter Armin A. Wallas

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In den großen Zeitungen des Landes wurde die Nachricht von seinem Tod nicht vermeldet. Kein Wunder, Armin A. Wallas war ein bedeutender Gelehrter, aber unfähig wie unwillig, mit seinem Wissen rhetorisch zu prunken.

Bewundernswert zäh hat er stattdessen sein Lebensprojekt verfolgt: die jüdische Literatur Österreichs aus der Vergessenheit zu heben. Jetzt ist er vorzeitig mit 41 Jahren gestorben, am Mittelmeer, wo er so oft Linderung seines Leidens suchte und den grausamen Tod des Asthmatikers erlitt.

Ich weiß, das Wort Gelehrter hat einen altertümlichen Klang und scheint einen historisch überkommenen Typus zu bezeichnen. Der soziale Niedergang in den Gesellschaften des Wohlstands, jene Zurichtung der Gesellschaft auf das unmittelbar Nützliche und die Tüchtigen, wird den Gelehrten als Gestalt des intellektuellen Lebens jedoch neuerlich hervorbringen. Denn er ist der Hüter eines Wissens, dem die tüchtigen Versager, die überall in der Welt den Staat als neoliberales Unternehmen leiten, die finanzielle Unterstützung entziehen.

Armin A.Wallas war es gewohnt, ohne feste Anstellung und in ungesicherten Verhältnissen zu arbeiten. Er hat die Werke vertriebener, ermordeter Dichter ediert, monumentale Bände über den "Expressionismus in Österreich" oder "Jüdische Identitäten in Mitteleuropa" vorgelegt und eine instruktive "Einführung in das Judentum" geschrieben.

Erst wenige Jahre vor seinem Tod ist es ihm gelungen, am Klagenfurter Institut für Germanistik seiner Arbeit einen institutionellen Rahmen zu geben; es ist zu befürchten, dass die Tüchtigen seinen Tod zum Anlass nehmen werden, seine "Forschungsstelle jüdische Literatur in Mitteleuropa" unauffällig wieder zu schließen.

Der Autor ist Schriftsteller und Literaturkritiker in Salzburg.

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